Casamance auf 4 Rädern

Vitamine wird das Wochenende alleine verbringen. Im ruhigen Flußabschnitt mit See-Ambiente beim Restaurant Chez Leon im weitverzweigten Fluß-Systems der Casamance („Kasamohs“ gesprochen – jaja – französisch halt! Für mich die schönste Sprache der Welt!) in Süd-Senegal.
Es ist das 1. Mal, seit wir on tour sind, dass wir sie über Nacht (und da gleich für 2 Nächte) vor Anker zurücklassen, um einen Ausflug zu machen. Wir wollen die Casamance in Süd-Senegal auf dem Landweg erkunden!

Damit es keine Überraschungen á lá „Kevin allein zuhaus“ gibt, bitten wir Leon, uns anzurufen, wenn irgend Etwas bootsaußerirdisches passieren sollte – und wir machen uns frühmorgens mit Vitaminchen und dem brav tuckernden Paulchen die gut 2 Meilen und zeitweise mit stolzen 4,5 Knoten nach Katakalousse zum Sun Cafe. Dort können wir unser Auto für´s WE übernehmen, so tönte Pierrot in Cap Skirring, unser Autovermieter, am Telefon.
Für Vitamine´s Tiefgang ist diese Strecke nicht geeignet – und schließlich wollen wir ja nicht so enden wie ihr Kollege vor einer kleinen Ausbuchtung, dem Zuhause von ein paar Pirogen.
Aber – hier können wir doch vielleicht für Vitaminchen einen Unterschlupf finden?
Ja! Wir können! Die Boys sind sehr nett und sehr bemüht. Vitaminchen bekommt einen Standplatz unter Dach, sozusagen im „Boat-Port“ und Paulchen kommt sogar in die Dusche – sicher ist sicher. Auch der Motor der Piroge (der große Bruder von Paulchen) steht im Haus – im Schlafzimmereck, wenn er nicht im Einsatz ist. Sicher ist sicher.

… von einem der Boys der äußerst sympathischen Fischer-Crew!
das Segelboot davor – an seinem wohl letzten Stop

Das Telefon klingelt, gerade als wir im „Sun Cafe“, dem vereinbarten Treffpunkt, angekommen waren: Anruf von Pierrot (ganz nach mitteleuropäischer Manier 15 Minuten vor der Zeit – damit kein ein Westafrikaner nun ja wirklich nicht rechnen): Wir mögen doch bitte nach Cap Skirring kommen – DORT wartet das Auto.

Der öffentliche Bus (ein Kleinbus), der gerade vorbeifährt, hat noch 2 Plätze frei. Wie fein!

Beim Aussteigen in
Cap Skirring merken wir:

im Kofferraum haben unsere Kanister neben ein paar Hundert Fischen Platz gefunden!

Pierrot erweist sich in natura als viel sympathischer als er am Telefon geklungen hat,
Der kleine Polo, auf den wir uns geeinigt hatten, hat sich als doch nicht verfügbar herausgestellt. Auf uns wartet ein Jeep! Zum gleichen Preis von 40 Euro pro Tag.
Wie toll ist das denn!
Das Baujahr liegt schon Etwas länger zurück (genau passend zu uns) und so erstreckt sich die Einweisung auf ein paar Besonderheiten:
– das Zündschloß hat nur eine Teilfunktion – gestartet wird mit einem Taster
– die Differentialsperre ist manuell einzuschalten
– bei eingeschaltener Klimaanlage kann der Motor weder gestartet noch abgestellt werden

Die Stadt Ziguinchor („Sigunschoh“ – jaja – im Französischen schaut das Wort oft gaaanz anders aus als es ausgesprochen wird) liegt flußaufwärts, ist mit über 200.000 Einwohnern die größte Stadt von Casamance und dementsprechend ein wichitger Handelspunkt und auch ein wichtiger Militärstützpunkt. Ziguinchor ist unser 1. Ziel.
Die Stadt ist groß, die Stadt ist quirlig, die Stadt ist staubig und dreckig, nur im engsten Umkreis der Häuser und Wohnmöglichkeiten wird müll-frei gehalten . und das aber akribisch genau.

Einkaufsstraße in Ziguinchor in Südsenegal

Eines der schönsten Gebäude der Stadt kümmert sich um Gerechtigkeit. – Palais de Justice.
Ein Affront? Ein Fauxpas? Oder der Stolz der Bürger?
Eine relativ große Piroge dient als Massentransportmittel – sowohl zum Übersetzen auf die andere Fluß-Seite als auch zum Erreichen anderer Dörfer flußauf- und flußabwärts. Sie wird offensichtlich gerne in Anspruch genommen.

Eine Fähre in Ziguinchor
Mann trifft sich im Restaurant

Nichts wie weg – wir sind einfach keine Stadt-Typen.
Die staubigen Straßen „durch´s Land“ haben für uns mehr zu bieten! Neben LKW´s, Traktoren und mannshohe Termitenhügel auch Ochsen, die – genau wie wir – bei der „Gendarmerie-Kontrolle“ stehenbleiben.

Auf gambianischen Strassenrändern stehen sowohl in den Städten als auch über Land viele mit einer waagrecht ausgestreckten Hand mit mehr oder weniger deutlichen Auf- und Abbewegungen. Von Kind bis Greis, Mann als auch Frau, mit Uniform, mit Werkzeug oder mit Baby.
Wir haben das passende Auto! Unseren Pick-up mit den Sitzbänken bzw. der Ladefläche haben mindestens 15 Personen erklommen, so nach und nach, für mehr oder weniger lange Strecken und immer dann, wenn IM Auto kein Platz mehr gewesen ist.
Für´s Aussteigen wird geklopft. Praktisch. Und logisch.

Unser Vehikel ist geländegängig – ab in´s Gelände! Es fühlt sich guuuuut an!
Der Käpt´n macht sich auch als Jeep-Käpt´n ganz hervorragend!

Über sandige, holprige Pisten, teilweise begrünt mit Büschen und Bäumen, kommen wir auch wieder mal zu einem Ort – Häuser, Kinder, vielfältiges Leben.
Wie in fast jedem Dorf befindet sich am Dorfplatz ein prächtig-mächtig-großer, weit ausladender Baum von dem aus mehrere Sandpisten wegführen.
Der Jeep bleibt stehen, während wir überlegen, ob rechts oder links.

ein klassicher „Dorfplatz-Baum“ – in diesem Fall ein Baobab

Die Entscheidung ist gefallen. Nur …. unser Vehikel hat derweil der Sand gefressen.
Der Motor heult, die Räder quietschen, der Sand fliegt. Der Jeep bleibt unbeeindruckt. Der Jeep steht.
Wer uns nicht schon vorher bemerkt hat, bemerkt uns jetzt.
Sofort ist ein weiser Mann im wehenden Gewand zur Stelle. Er wirft sich unter die Bodenplatte und schaufelt die Räder frei. Und schon sind auch etliche kräftige Burschen zur Stelle, die tatkräftig bei dieser Befreiungsaktion mithelfen.
Ende gut, alles gut! Und an Sandpistenerfahrung gewonnen!

Muhammed hat wohl auch unser kleines Malheur mitbekommen und bietet sich an, mit uns über sandige Pisten bis Cochuane zu fahren. Die Fahrt ist wiederum ein Erlebnis! Mit mittlerweile funktionierendem Differentialsperre und Dank der Käpt´nschen Geschicklichkeit easy going! Wir kehren kurz in „unserer“ Kaymba Lodge ein, begrüßen den kleinen wildlebenden Papagei und genießen einen Baobab-Saft mit Rosmarin – eine gelungene Kreation!

Durch den Busch …

Die Nacht verbringen wir in Cap Skirring, DER Touristen-Region in Süd-Senegal. Es ist Hauptsaison – dementsprechend schwer ist es, eine Übernachtungsmöglichkeit zu finden, schließlich sind wir erfolgreich und landen Dank der Hilfe eines Angestellten in einem anderen, ausgebuchten Luxustempel, der kurzerhand seinen Wachposten verlässt, um mit uns mitzufahren, in inem hübsch begrünten Luxustempel mit Swimming-Pool, Frühstücks-Buffet, exotischen Tieren und senegalesischen Holz-Kunst-Werken. Der Willkommensdrunk: ein alkoholfreier Cocktail in Landesfarben: grün/gelb/rot!
Beim Abendessen am nahegelegenen Strand in der runden Hütte mit Glitzerbeleuchtung sind wir die einzigen Gäste – auf Tisch Nr. 7 – des Käptn´s Lieblingszahl!

Willkommensdrunk in Landesfahrben ….
… typisch senegalesisch auch das „Bien venue“ auf der Kora
(einem klassischen afrikanischen Musikinstrument)
Österreich ist auch vertreten! Bzw. schon gut abgetreten!
Abendessen bei Glitzerbeleuchtung, vom Wind bewegt

Das Frühstücksbuffet im Hotel überrascht mit „Lait chaud“ („heiße Milch“). Nach langem wieder einmal Milch! Nach langem wieder einmal sogar ein heißer Kakao! Wow!
Auch der Rest des Frühstücks ist vielfältig und reichlich. Luxustempel eben.
Trotzdem – wir beschließen, nur eine Nacht zu bleiben und die nächste wieder „zuhause“ auf Vitamine zu verbringen. Die Nacht war recht laut und daher unangenehm.
Jaha! Zuhause schläft sich´s am Besten!

heiße Milch zum Frühstück – was für eine Überraschung!

Auf dem großen Pirogen-Parkplatz bei Cap Skirring sind 100e Pirogen zuhause.
Neue und alte, alle hübsch bemalt, an Land als auch im Wasser.
In der Wellblech-Hütten-Siedlung dahinter wird gewohnt, gearbeitet und der Fang verkauft – frisch oder aufbereitet.
Den Strand teilt man sich mit Paarhofern! Was für eine Überraschung – wieder einmal!

Pirogen vor Wellblechhütten bei Cap Skirill

Brav war, er, unser Jeep! Er hat sich eine Wäsche verdient!
Nach 3-maligem höflichem Nachfragen organisiert Pierrot, der Autovermieter, einen Fahrer, der uns von Cap Skirill zum Sun Cafe bringt – no problem – na geht doch!

Jeep-Wäsche

Ein interessantes Wochenende geht dem Ende zu!
Wir holen Paulchen mit Hilfe von einem der netten Fischer-Boys wieder aus der Dusche, tragen Vitaminchen in´s Wasser, geneßen es, wieder auf Wasser unterwegs zu se in und freuen uns auf Vitamine!
Langsam tuckern wir dahin, Paulchen plagt sich gegen den Strom und zusätzlich sind wir schwer beladen: wir 2 und ca. 40 LIter (Benzin + Diesel) in den Kanistern)
Kein Problem – es geht halt langsam.

Aus den Augenwinkeln sehen wir, wie ein Fischer in seiner Piroge seine Angel einholt.
Auf einmal ist er neben uns. Vollkommen überrascht verstehen wir nicht gleich, was er von uns möchte – eigentlich wollen wir ja nur in Ruhe nach Hause tuckern.
Er fragt, ob wir zu dem Segelboot wollen und deutet in die Richtung.
Ja, das wollen wir.
Er bringt uns hin.
Wie …. was …. er bringt uns hin?
Und schon sitzen wir in der Piroge, Vitaminchen im Schlepptau!
Wie nett ist das denn!
Wir sind – wieder einmal – vollkommen überrascht und gerührt ob so viel Mitdenken + Freundlichkeit + Gut meinen!