Dieses Fortbildungs-Wochenende ist fürwahr der Beginn einer seemännischen Fort- und Weiterentwicklung!
Den 2. Seminar-Tag verbringen wir in Analipsi am Pier – ein guter Platz für den anstehenden starken Nordwind.Am Vormittag stehen unter anderem notwendige Kontrollen der Takelage auf dem Seminarprogramm. Die Mittagspause nutzen wir, um das soeben Gehörte in die Tat umzusetzen:
Der „Check-an-Deck“ bringt ein dickes grünes Plus sowohl bei der Achterstag als auch beim Vorstag. Diese wurden 2020 getauscht und bekommen ein glattes „Sehr gut“.
Aber dann kommt´s: Das knallrote fette Minus: die vordere Unterwant auf der Backbord-Seite zeigt „Auflösungstendenz“!

5 Kardeelen von den insgesamt 19 Kardeelen des 8 mm starken Stahlseiles sind gebrochen!
Uuuuuuups!!!
Wer fällt uns ein in so einem „Hilfe-was-tun-Fall“ ein – generell und noch dazu weitweitweg von daheim?
Natürlich Oliver – unser Mann für alle Boots-Lagen!
Und Oliver hat viel dazu zu sagen – durch & durch praktisch veranlagt, lösungsorientiert, hilfsbereit, humorvoll und bis tief in jede Seemanns-Zelle mit umfangreichem Wissen gefüllt – so wie er halt ist!
Tipp 1:
absolutes Segelverbot (ja, eine angebrochene Want kann unter Segel-Belastung einen Mast zu Fall bringen – und nein, wir haben noch keine Akku-Flex an Bord, um den über die Reling hängenden Mast samt Anhang ganz dem Meer zu opfern, um weitere Schäden am Schiffsrumpf zu vermeiden)
Tipp 2:
beide vordere Unterwanten (backbord und steuerbord) erneuern, denn doppelt gemobbelt hält in unserem Fall „guter“. Genereller Wantentausch war für das Frühjahr 2020 bereits auf der To-Do-Liste – Covid hat viele Pläne vereitelt – so auch diesen.
Tipp 3:
Entweder zum generellen Wantentausch in eine Werfft (aktuell nicht möglich, da Griechenland nach wie vor im Lockdown) oder die betroffene Want und deren Gegenpart selbst abbauen, vermessen, Wanten anfertigen lassen und schicken lassen.
Yeah – diese Variante wird´s wohl werden. Und sofort werden wunderbar detaillierte Infos durch den Äther geschickt: was ist wo und wie sinnvollerweise zu vermessen und abzufotografieren. Und wie holt man so eine Want überhaupt aus dem Mast.
Tipp 4:
Der im Bootsbusiness tätige Grieche (der praktischerweise sehr gut Deutsch spricht, weil er seine Studienjahre in Österreich verbracht hat) in Oliver´s Netzwerk kennt sicher eine Firma, die uns die Wanten anfertigt und zuschickt. Kurze Zeit später haben wir schon die Kontaktdaten von „Meltemi-Yachting“. Und vom deutschsprachigen Griechen – für evtl. Übersetzungs-, Verständigungs- oder Verständnis-Notfälle.

Tipp 5:
apropos Verständigung: eine Want wird in english als „shroud“ angesprochen.
Und ein Wantenspanner als „turnbuckle“.
Gut zu wissen – mein Translater hätte ob solcher Tiefen der Seemannssprache wohl sämtliche ihm zur Verfügung stehende Patschen gestreckt!
Tipp 6:
Ein Versicherungsfall? Naja – müde lächeln würde sie vielleicht, die Versicherung. So eine Want fällt unter Verschleißteil und gehört alle 10 bis 15 Jahre erneuert – sicherheitshalber, auch wenn kein Defekt zu sehen ist – und diese Want von Vitamine ist wohl so alt wie sie selbst. Baujahr 1987.