7 Uhr, für viele Arbeitsbeginn in VIESTE, einer ca. 14.000-Seelen-Stadt direkt östlich am Sporn des italienischen Stiefels, und somit reges Treiben + Motorengeräusche uns gegenüber, auf der Hafenzeile, direkt hinter der Hafenmauer, die die Fischer (laut Adriaführer „vehement“) für sich beanspruchen.
Etliche sind auch schon ausgefahren und werden wohl bald zurückkommen.
Schwere, wuchtige Boote, mit Kran, mit Schweinwerfern, mit Netzen und Schleppvorrichtungen, mit Werkzeug, Geräten und sonstigen Hilfsmitteln, um vom Meer leben zu können. Die Boote allesamt mit mehr oder weniger deutlichen Spuren von Verletzungen und Rost – Arbeitsboote eben.
Konträr dazu die liebevoll gehegt und gepflegten „Luxusboote“ gegenüber, incl. unsere frisch polierte Vitamine……
Dazu passend wiederum die Hafenansicht: 3- bis 7-stöckige Wohnhäuser, Siedlungsblöcke, die an die Arbeiterwohnungen in Leoben oder Eisenerz erinnern. Als einziger Schmuck die Farbgestaltung der Hauswand – weiß-rot-beige-rosa-gelb-grün in Pastelltönen. Jede Wohnung mit kleinem Balkon mit dünnen Eisengitterstäben, ein paar wenige sind privilegiert und sehen weiter als auf die Balkongitterstäbe des Nachbarblocks.
Soweit der optische Ersteindruck.
Mögen alle Bewohner so strahlen wie die Marineurin, die uns gestern am späten Nachmittag empfangen hat.
Die Marineurin, die, weil meine zugeworfene Leine zu kurz berechnet bzw. die Entfernung noch zu groß war und die Leine deshalb nur kurz auf dem Steg landet und dann in´s Wasser rutscht, sich sofort auf den Bauch wirft und die Leine dank ihres vorbildlichen Einsatzes noch erhascht und uns festzurrt.
Die Marineurin, die uns mit einem strahlenden Lächeln in Vieste herzlich willkommen heißt und die genauso strahlend fragt: „Wie lange bleibt ihr? Eine Nacht, eine Woche, ein Monat oder für Immer?“
Tatsächlich liegen einige Daueranleger hier. Z.B. der Schweizer Martin, der seit 5 Jahren mit seiner Bavaria 46 im Mittelmeer unterwegs ist – aktuell alleine. Lieber zu Zweit.
Auf Kurzbesuch und als Etappenziel ist das Pärchen aus Deutschland hier, das im Nobelrevier der französischen Riviera vor kurzem ein Boot gekauft hat (ähnlich „überraschend“, wie unser Kauf von Vitamine – wenn´s passt, dann passt´s einfach!) Sie überstellen ihre „Lou“ in einen Hafen südlich von Venedig. Weniger Schicki-Micki. Mehr alltagstauglich. Geplant war die Überstellung mit Freunden im Frühling mit Zeitrahmen von 2 Wochen. Dann kam Corona. Jetzt sind sie zu zweit unterwegs mit Zeitrahmen von 4 Wochen. Anstrengende Tage, hauptsächlich unter Motor, liegen hinter ihnen, weil fast immer der Wind genau auf die Nase blies.
Beim Stadtgang am Abend offenbart sich – nach unserem Empfinden – ein Juwel der italienischen Küste: „Klein-San-Francisco“, in adretter, vielfältiger, schön herausgeputzter Form, mit vielen, engen, mit Torbögen und Balkonen versehenen 3-4-stöckigen Häusern, steil nach oben führenden Gassen, allesamt im schönen, alten Gestein, und, oben angekommen, geht es sofort wieder hinunter – die Burganlage oben wird vom Militär für sich beansprucht.
Sehr schöne, ansprechende Restaurants, klein+fein aber auch groß+elegant prägen das Gassen-Bild, gemeinsam mit unzähligen kleinen Souvenir-, Schmuck- und Essensgeschäften. Quirliges Treiben in den spätabendlichen Gassen – typisch italienisch eben…
Ein Dank an Sigrid & Oliver für den Tipp, dass wir uns diesen Ort nicht entgehen lassen sollen!
Beim Abholen der Boots-Papiere sind wir so spät dran, dass wir noch eine 2. Nacht zu zahlen haben.
Die Preisgestaltung lässt ein deutliches Gefälle zugunsten Dauerlieger erkennen: für Kurzanleger Euro 50,– pro Nacht, für Dauerlieger (ab sofort bis April, also gut 7 Monate) Euro 1.000,–.
Die Überlegung, vielleicht doch hier zu bleiben ob dieses schier unausschlagbaren Angebotes nimmt wenig Zeit in Anspruch. Wir löhnen Euro 100,– – uns zieht es weiter! *lach*
Die Überlegung, doch heute auszulaufen oder die bezahlte Nacht noch hier zu verbringen, dauert länger – später am Nachmittag beschließen wir zu bleiben. Waschtag wird ausgerufen – in Kürze flattert unser tropfnasses Gewand sowie Handtücher, Geschirrtücher & Co an der Reling, dem Baum und auch dem Geräteverbau.
Auch das Deck wird mit hafeneigenem Süßwasser gespült – und zu guter Letzt auch wir selbst, hinten auf der Badeplattform stehend – was für ein extravagantes Outdoor- Badezimmer!