Gambia – Licht + Schatten in Banjul

Wann ist der beste Zeitpunkt, den Anker zu setzen? Zur Geisterstunde!
(Des Nächtens Ankern ist unsere Lieblingsdisziplin, wird uns nachgesagt ;-))
Gerade noch pünktlich, kurz vor 1 Uhr nachts, rasselt unser Anker erstmalig in den Boden von „The Gambia“.


Die Fahrt herauf, „in den Norden“, war gemütlich, einige Motorstunden und viele Segelstunden. Es ist schön, wieder mal das zu tun, wofür so ein Segelboot gebaut wurde!

Auch große, richtig große Frachter und Fähren, kommen in den Hafen von Banjul.
Daraus haben wir abgeleitet, dass sich die Fischernetze und -bojen in Grenzen halten werden, wir keinen Zickzack-Kurs fahren müssen und wir auch des Nächtens gut zu unserem Ankerplatz kommen werden.
Wie schön, die Fischer haben sich daran gehalten!
Vor uns leutchtet und blinkt Banjul, die Hauptstadt von Gambia!

Heute, am Sonntag, wollen wir nur mal schnell an Land, um eine Datacard zu kaufen, damit der Käpt´n morgen gut in die Arbeitswoche starten kann.
So parken wir unser blaues Plastikgeschoß am Pier bei seinen nächstgrößeren Holzbrüdern ein und gehen Richtung Ausgang.

Banjul – am Steg für kleine Boote

Noch vor dem 1. Gittertor spricht uns ein Boy auf Fahrrad an, mit einem gefüllten Baguette in der Hand.
Gibba begleitet uns auf dem Fahrrad, seine Jause ist in meiner Hand gelandet (schließlich hatte ich gerade eine frei) und bringt uns zum Immigration Office.
Das muß heute sein, sagt er.
Im Immigration Office sitzen 3 Männer, teils in Uniform. Die Füße sind auf dem Tisch, die Jause in der Hand, der Blick ist auf den Fernseher gerichtet, auf diesem ein Spielfilm zu sehen.
Im Nebenraum bereitet eine Dame den ( offensichtlich auch hier in „The Gambia“) klassischen Grüntee – mit Kännchen und Schnapsgläschen.
Nachdem wir eine gute Stunde „dabei“ gewesen sind, beim Jausnen zugesehen haben, die Nachrichten aus dem Fernseher verfolgt haben und freundliche Konversation betrieben haben, erfahren wir:
Babou, der Chef der Immigration, ist gerade nicht hier – wir mögen doch bitte um 17 Uhr wiederkommen.
Kein Problem – ein paar Stunden Großstadt halten wir schon aus. Und wir haben ja auch noch Mission Datacard zu erfüllen und davor noch Geld zu wechseln.
Gibba zeigt uns im weiträumigen Hafengebiet Polizei und Zoll und noch ein 2-stöckiges Gebäude, von dem er sagt, das ist morgen auch zu besuchen.
Das „Licensing Department“ läuft uns auch über den Weg. Bei so viel „offiziellen Stellen“ geht hier sicher alles rechtens zu!
Kurz waren wir ja schon in´s Zweifeln gekommen. Die Mannen der Immigration haben uns nämlich erklärt, dass wir Dalasi 7.140,– pro Nase (insgesamt ca. Euronen 120,–) zu bezahlen haben. Für´s Visum. Oder so.
Hm – da haben wir noch nichts gehört davon. Das werden wir sicher mit Chef Babou klären können.

Eine Wechselstube ist schnell gefunden und danach bringt uns Gibba in einen Datacard-Shop, in dem wir, nach längerer Tüftelei, die gewünschten Karten bekommen. Wie fein!
Zwei ca. 10-jährige Buben kommen lachend und kichernd in den Shop. Wie lustig!
Weniger lustig ist, dass sie direkt zu mir kommen und mit frechem Blick verlauten lassen: „Give me money!“

Fast hätte ich diese 2 Burschen zum Frühstück konsumiert. Sie konnten gerade noch flüchten.

Ein Monat Senegal – und nur ein paar kleine, versteckte Ansätze von „Forderungen in Sachen „reiche Weisse““. Ist Gambia anders?
Was tun wir bloß hier???
Der Gedanke, gleich wieder abzulegen und unsere weitere Afrika-Erfahrung in Senegal fortzusetzen, kommt auf.

Ein bißchen „Stadtgefühl“ geben wir uns doch noch – und treffen auf einen bis jetzt sympathischsten Gambianer:- in der Mitte eines Kreisverkehrs trompetend.
Der Spaziergang hat sich bereits ausgezahlt!

Weiter geht´s zum „Royal Albert Market“ – ja – in Gambia wird englsch gesprochen – Gambia ist zwar rundum (bis auf die paar Meilen Atlantik) vom französisch-sprachigen Senegal umschlossen, aber Gambia war eine Kolonie des Vereinigten Königreichs!
Auf dem Weg schöne, bunte Gewänder und ebensolche Straßenstände.

Der Royal Albert Market ist heute, am Sonntag, nicht so gut besetzt und auch nicht so gut besucht wie unter der Woche. Na bum. Für uns gerade passend.
Ohne Senegal-Erfahrung würden wir ordentlich staunen – mit unserem Erfahrungsschatz des letzten Monats im Gepäck sehen wir Gambia mit bereits Afrika-erfahrenen Augen – interessant, bunt, vielfältig, ähnlich!

Was macht frau auf einem Markt? Geschäfte!
Schmuck, Seifen und Kaustangen – alles für´d Schönheit!

Am Strand „gleich um´s Eck“ erwarten uns Arbeits-Pirogen, viele Seevögel, die wohl nach Fischabfällen Ausschau halten und ein Ruhesuchender

Noch immer haben wir Zeit … bis 17 Uhr…. viel Zeit!
Gibba erklärt uns wiederholt, dass das so stimmt mit dem „Visum“.
Bouba erklärt uns um 17 h 30 sehr freundlich und bestimmt und wort- und erklärungsreich dasselbe. Uns wird auch ein elselohrbehaftetes Ausdruck gezeigt, abgelegt in einem dicken Ordner, das dies belegen soll. Seit Anfang diesen Jahres ist das so.
Fotografieren ist nicht erlaubt. Ist ja ein Behördendokument.
Na dann…. die Freundlichkeit + Geduld ist bestechend. So viel Geld haben wir trotzdem nicht hier. Wir bekommen den Stempel und ich werde morgen um 17 Uhr wieder hier sein, um zu bezahlen.

So ganz in Ruhe lässt es uns nicht. Die Internet-Recherchen ergeben das Gegenteil. Das Telefonat mit Muhammed, dem Guide, mit dem wir schon seit Monaten in Kontakt sind, den ich aber heute, am Sonntag, nicht stören wollte, auch.
Am Montag ergibt die Nachfrage sowohl beim Auswärtigen Amt in Österreich als auch beim österr. Botschafter in Dakar (er ist auch für Gambia zuständig) verläuft im gleichen Tenor. Der nette, junge Botschafter (Dakar ist sein 1. Auslandseinsatz). wird sich aber in den nächsten Tagen noch im Land erkundigen.

Hm……
Babou bekommt die Info, dass wir noch keine Informationen von UNSEREN öffentlichen Stellen bekommen haben
und wir demzufolge heute nicht auftauchen werden.

Ist das ein Fall von „Licht + Schatten“-Spielen mit ahnungslosen Touris?
„Wo Licht ist, gibt es auch Schatten.“
Claro!
„Kein Nachteil ohne Vorteil“, „Jedes Ding hat 2 Seiten“, „Keine Rose ohne Dornen“ und wie sie noch alle heißen mögen, die klugen Sprüche.

Die Erledigung der Behördenwege (Polizei + Zoll) am Montag vormittag mit Muhammed geht sehr einfach und unkompliziert vonstatten. Ein Lichtblick im gambianischen Behördenschungel!
Muhammed lotst mich noch in´s Nationalmuseum.

Ein paar Schattenseiten von Banjul sind uns bereits über den Weg gelaufen.
Nein – wir verallgemeinern nicht! Wir bleiben im Land und freuen uns, die Großstadt Banjul (2013 hatte sie über 30.000 Einwohner, 10 Jahre später sind es wohl noch deutlich mehr) bald in unserem Kielwasser zu lassen und ein hübsches, sympathisches, wohlfühliges Stückchen Gambia zu entdecken – ein kleines Stück flußaufwärts vor der „Lamin Lodge“.

Von „Schattenbildern“ haben wir für´s Erste genug…..

… wir wenden uns wieder der Sonne zu!

Am Abend erzählen wir noch unserem Ankernachbarn Pierro, dem Käpt´n von Tabasco, unsere Banjul-Erlebnisse – die Emotionen fliegen tief.
Genau dazupassend nähert sich eine hübsch bemalte Piroge – wie idyllisch in der Abenddämmerung!
Aber – wie könnte es heute anders sein – die Pirogen-Crew fragt an, ob wir „Etwas“ für sie haben.
Ob Pierro dies schon einmal passiert ist?
Nein, sagt er.
Na dann…. liegt es wohl an uns!
Zeit für neue, andere Gedanken, für neue, andere Energie, für neue, andere Erlebnisse!