In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag piepst es plötzlich an Bord, irgendwo im Bereich Skippertisch.
WENN es der Käpt´n hören würde, wäre er in 1/100-Sekunde aus dem Bett gesprungen. Aber all diese Alarmmechanismen der verschiedensten Instrumente an Bord, wie z.B. Kartenplotter, Autopilot, Batteriewächter & Co entziehen sich seiner „Hör-Frequenz“. Sein Innenohr reagiert so wie STS es schon im Lied „Großvater“ für „knifflige Situationen“ beschreibt: „I muass net olles, wos do piepst, imma hearn“ – typisch männlich? *lach*
Mein Gehör hält es da mit „weiblich“ und so springe ich innerhalb von Sekunden aus dem Bett und gehe dem Geräusch nach.
„Ha! Lokalisiert!“ sage ich.
„Haha!“ sagt der Käpt´n: Der Batteriemonitor!
Er macht lautstark darauf aufmerksam, dass wir nur mehr 20 % Batteriekapazität (Gesamtkapazität: 320 Ah – dank LiFePo-Batterien können auch 100 % davon verwendet werden) zur Verfügung haben.
Eine gute Woche sind wir somit ausgekommen, ohne den Motor zu starten. Sonne & Solarpanels sei Dank, und dem Käpt´n, der sie mehrmals täglich der Sonne nach ausrichtet (da der passende Geräteträger noch nicht geboren ist). Ohne Sonnenkraft verbrauchen wir in der Nacht ca. 10 % der Batteriekapazität und tagsüber ca. 20 %, das heißt, wir haben gut Strom für 3 Tage.
Der Motor dient uns nicht nur zur Fortbewegung bei zu wenig oder zu viel Wind und für Hafenmanöver, sondern auch zur Warmwasserproduktion und zur generellen Stromgewinnung! 1 h motoren bei Standgas laden die Batterie um ca. 10 %.
Exkurs:
Kaum jemand beschäftigt sich so intensiv mit dem Thema „Strom“ wie ein Fahrtensegler.
Wenn sich 2 Fahrtensegler treffen, geht es nicht nur um Anekdoten und Erlebnisse aus dem Seglerleben, nein – der wahre Austausch kreist auch um das Energiemanagement an Bord! Der kurze Smalltalk nach der Erstsichtung dient der Einschätzung der technischen Versiertheit des Kollegen. Wenn ein Mindestgrad gegeben ist, wird in rasantem Tempo das Thema Stromversorgung angepeilt.
Von jedem noch so kleinen Energieverbraucher an Bord – seien es die im Boot verteilten Lampen, der Kühlschrank, die Wasserpumpe, die Bilgenpumpe, das Radio, die Navigationslichter, das Ankerlicht, der Plotter, das Radar, das AIS, der Funk, der Inverter und so weiter und so heiter – werden mit Hingabe sämtliche Intimitäten ausgetauscht.
Und dann gibt es ja auch noch Akku-Betriebenes wie Laptop, Handy, Taschenlampen, Stirnlampen, und Fotoapparat! Wenn es einmal jemanden interessiert, wieviel Strom wofür ver(sch)wendet wird: Fragt einen Fahrtensegler!
Wenn dies bis in´s kleinste Detail erörtert ist, ziehen solcherartige Gespräche noch weitere Kreise und drehen sich um so wesentliche Themen wie: Wieviel lädt die Lichtmaschine pro Stunde, Kabelstärken, Batterien und deren Management, 12- oder 24-Volt-Spannung, die Stärke des Inverters und was man alles damit betreibt.
Genau wird berechnet, wieviel Strom man beim Segeln oder beim Ankern am Tag, und wieviel man in der Nacht braucht. Huch – das gute Leselicht verbraucht ca. 3 x soviel Strom wie das Licht zum Essen, das sich mit „läppischen“ 2 Watt zufrieden gibt. Diese Erkenntnis hat bewirkt, dass wir des nächtens auf „Rotlichtmilieu“ umgestellt haben: Eine Rotlichtlampe verbraucht nur 0,5 – 1 Watt. Und macht noch dazu richtig kuschelig! *lach*
(Scherz beiseite: Der wahre Grund war, dass das rote Licht in der Nacht angenehmer für´s Auge ist)
Die für dieses ausgeklügelte Strommanagement notwendigen umfangreichen Berechnungen, Analysen, Studien und Statistiken werden natürlich nicht nur per Hand auf Papier geschrieben. Und auch für das Tagebuch, für´s Boat-Office, die Routenplanung, als auch für die Kommunikation mit „dem Rest der Welt“ kommen – traritrara – Laptops zum Einsatz.
Man nehme 2 Laptops + einen zusätzlichen Monitor (für´s Boat-Office), schaue sich den Energieverbrauch an und komme zu der (bitteren) Erkenntnis: das Strom-Management war für d´Fisch und das in den tiefsten Tiefen der Ozeane! Denn diese 2 Laptops + der zusätzliche Monitor brauchen circa gleich viel Strom wie Vitamine in ihrer kompletten Erhaltung (Steuerung, Navigation, Beleuchtung, Kühlhalten des Anleger-Biers….) Zurück zum Ursprung dieses Exkurses in Sachen „Strom“ und zum Piepsen an Bord:
Quintessenz:
Wir fahren in den Hafen! Am Donnerstag in der Früh legen wir uns neben „UNAR“ aus Glasgow, einer schottischen Nauticat 44, an den Pier im Hafen Skala der Stadt Astypalea. „UNAR“ ist seit 12 Jahren mit Sue + Steve in Griechenland unterwegs.
Wir legen unsere Nabelschnur zum Stromkasten am Pier. 10 Stunden könnten reichen, um die LiFePo-Batterien wieder vollständig zu füllen – wir werden sehen!
Die Port-Police schickt einen jungen Vertreter, der uns willkommen heißt, uns trotz der aktuellen Lage einen schönen Aufenthalt wünscht, und uns die Covid-Bestimmungen erklärt: Maskenpflicht und Ausgangs-Zettel schreiben. Ansonsten ist er glücklich, dass wir uns seit (fast) 2 Wochen bereits auf Astypalea aufhalten. So braucht er uns nicht weiter zu drangsalieren.
Orai haben hier sehr gute Vorarbeit geleistet: Bei deren 1. Einlaufen in den Hafen während des Lockdowns wurde sie informiert, dass dies ein Nothafen sei und deshalb immer aus- und eingelaufen werden darf. Auch während eines Lockdowns. Bei deren 2. Einlaufen waren die diensthabenden Vollstrecker der Hafen-Ordnung anderer Meinung: Kein Auslaufen möglich. *oh schreck* Aber es sei mit dem Hafenchef am nächsten Morgen zu klären. Dieser gab glücklicherweise wieder Entwarnung. Die erste Auskunft ist die richtige.
Wie fein! Nur das „Hoheitsgebiet“ von Astypalea ist tunlichst nicht zu verlassen. Sonst könne er für nichts garantieren.
Mein Land-Gang am 1. Hafentag führt mich durch die Chora und seine verwinkelten Gässchen, verschrobenen Winkeln und vielfältigen Ausblicken hinauf zur Burg und zur äußerst schmusigen „Burg-Katz im Dienst“
Auch bei Orai hat genau sie sich schon als „Bord-Katze“ beworben. Aber auch ich denke, dass sie hier ein schöneres Leben hat und sie ihren Job als Entertainerin wirklich gut macht!
Ausser Dienst war dieses hübsche Maultier (wie es am rechten Bild eindeutig zeigt *lach*) – in der Mittagspause zahlt es sich nicht aus, das Arbeitsgwand abzulegen:
Chora – Mauleselin in Mittagspause
Sehenswert sind auch die Windmühlen, einige Kleinode und auch ein bißchen delphinisches:
Der Lockdown wird hier auf verschiedenste Arten vollzogen – von Tür zu Tür unterschiedlich, manche gehen auch sehr „offen“ damit um *grins*:
Die Batterien sind voll, wir beschließen aber trotzdem, auch in der Nacht hier im Hafen zu bleiben. Die Nacht wird ruppig! Gewitter, Sturm und Hagel, auf Analipsi gibt es sogar einen Stromausfall, wie Orai berichtet.
Mitten in der Nacht, mitten unter Blitz+Donner+Sturm, legt sich ein Boot neben uns und die Leute auf dem Boot unterhalten sich mit Leuten an Land. Das ist seltsam. Wer würde dies „freiwillig“ tun? Kurze Zeit später ist das Boot wieder weg und die Beobachtung aus der Luke der Heckkabine somit abgeschlossen. Ansonsten verläuft die Nacht laut und bewegt – unter erholsam fallen diese Stunden nur bedingt – aber bis auf weiteres keine besonderen Vorkommnisse.
Am Freitag morgen scheint wieder die Sonne, der Wind ist noch geblieben. Die dunklen Wolken im Osten zeugen noch vom nächtlichen Geschehen, und auch das Vitaminchen, das wir seit Analipsi im Wasser haben, ist ordentlich regennass. Ca. 6 Sardinen sind bei einem nächtlichen wagemutigen Sprung im Dinghi-Inneren gelandet, was ihnen leider das Leben gekostet hat.
Auf dem morgendlichen Gang zur Bäckerei komme ich an einem Fischerboot vorbei – eindeutig ein Arbeitsboot:
Die Bäckerei ist eine mittelgroße Bäckerei, die genau in dieser Form auch bei uns geführt werden könnte. Mehrere (helle) Brotsorten, Brioche, Donuts, ein paar pikante als auch süße Teigtaschen, Pralinen, Kekse in verschiedenen Farben und Formen – alles schön geordnet und hinter Vitrine.
Die 2 kleinen Kinder des jungen Paares, das die Bäckerei führt, sind – dem Alter entsprechend – aktiv mit dabei!
Etliche Papiersackerln, teils süß, teils pikant, werden für mich gefüllt. Nebenbei beginnt der Chef, von den hübschen Keksen zusammenzurichten, diese bekomme ich – zu meiner Freude und Verwunderung – noch als Draufgabe!
Die Pralinen, hier aus Milchschokolade mit verschiedenen Zugaben, sind hübsch einzeln verpackt und werden in vielen Bäckereien/Konditoreien direkt im Geschäft „in liebevoller Handarbeit gefertigt“. Hier habe ich erstmalig zugeschlagen.
Am Freitag Abend macht auch Sepp einen Landgang – natürlich auch hinauf zur Chora: