Atlantik – wir kommen – und das zu 4.!

2. Versuch: Durch Gibraltar durch, nach links abbiegen, auf den Kanaren aufschlagen ….
„groing“…. sanft aufsetzen …. „groing“ …. zart mit dem Anker Bodenkontakt suchen …
und *smile* …. genießen!

So der Plan!
Und seit ein paar Stunden wissen wir, dass wir nicht zu 2. sondern zu 4. unterwegs sein werden. Ja – tatsächlich. Das stand doch NIE auf unserem Plan?
Unverhofft kommt eben oft:
Auf dem nass-kalten, nahezu menschenleeren Pier von La Linea sind wir 2 Mädls in die Arme gelaufen, die nach einer Mitfahrgelegenheit Ausschau halten und Personen ansprechen, die verdächtig nach „Segler“ aussehen. Nach der gegenseitigen Beschnupperung an Bord und des einmal darüber Schlafens sind alle Beteiligten derselben Meinung:
Wir wollen diese Etappe gemeinsam machen – zu 4. auf Vitamine.
Wer kann da auch schon widerstehen, wenn einem 4 treuherzige und hoffnungsfrohe Augen sooooo lieb ansehen?
Die beiden Boat-Stopperinnen aus deutschen Landen, gerade mal 19 Lenze jung, haben ihr Boot gefunden! Und wir unsere Gibraltarkatzaln!
Zumindest bis auf die Kanaren – die 2 wollen in dieser Saison noch weiter in die Karibik.

Wer noch in La Linea bleibt, ist die Wal.
Entgegen unseres Ursprungs-Plans (jaja, Pläne schmieden + verwerfen…. ) fahren wir NICHT gemeinsam durch Gibraltar. Der neue Plan besagt: die Wal kommt morgen nach, wir treffen uns unterwegs und segeln die restliche Strecke Richtung Kanaren gemeinsam!

Ursprungsplan von ViWa (Vitamine+Wal)
Die Tagesetappen von Gibraltar bis auf die Kanaren.
An der Vorbesprechung auf der Wal ….(Sepp, Thomas, Elmo, Tatjana)

Für Vitamine heißt es:
Auf zu den Kanaren!

Mit im Gepäck: unsere Gibraltarkatzaln
(Einzug mit Sack + Pack
und natürlich dann, wenn Jungkatzaln am aktivsten sind: am späten Abend)

Der Einstand in der Pantry: vegetarische Paella!

Wir sind begeistert!

Die Lebensmittelvorräte sind aufgefüllt, damit auch Vitamine aus vollen Vorräten schöpfen kann, machen wir noch einen Abstecher nach Gibraltar (ja – auch Treibstoff ist steuerfrei!) und füllen die Dieseltanks unserer Lady auf.
Die letzte Tankstelle, die wir in Anspruch genommen haben, war In Palermo auf Sizilien – vor 5 (!) Monaten! Nur 220 Liter Diesel fließen hier in Gibraltar durch den Tankstellen-Versorgungsschlauch in Vitamine´s Bauch bzw. in den neu gekauften Reservekanister.
Na da packen wir doch gleich 20 Liter Motoröl mit ein!
Damit er weiterhin brummt wie ein großer Brummbär, unser Pauli!

Am 27. Jänner 22 heißt es:
Leinen los in Gibraltar
– Kanaren, wir kommen!

Gleich nach dem Ablegen ist die See noch ruhig!

Die beste Zeit, um die Meerenge zu passieren, ist 3 Stunden nach dem Höchststand der Tide in Gibraltar.

Da Flut und Ebbe 2 x täglich wechseln, hat man 2 Chancen pro Tag.
Die Tiden-Differenz beträgt 0,9 Meter.

Gemauso unberechenbar wie beim Hereinkommen ist es auch beim Hnausfahren:
Kreuzseen, Wind bis 25 Knoten und Böen bis zu über 40 Knoten.
Da hat Pauli wieder Dienst, den er auch seeeehr brav verrichtet!

Als ein Ende der Düsenwirkung in Sicht ist, eine Beruhigung von Kreuzsee und Böen absehbar ist, holen wir die Genua heraus – vorsichtshalber mal nur 70 Prozent – Pauli darf wieder ausruhen.
Diese Besegelung trägt uns in den nächsten Stunden durch die Meerenge.

Eines unserer Gibraltar-Katzaln, Fey, hat Segelerfahrung. In Küstennähe und tagsüber.
Das zweite, Lourina, ist das erste Mal in ihrem Leben auf einem Segelboot. Und dann gleich so ein Wellengang, so eine starke Bewegung im Boot! Armes Katzal !??!
Wind und Welle sind nicht so, wie wir es uns für unsere Blueshell-Seglerin Lourina wünschen würden:
Das Gleichgewichtsorgan bzw. der Magen bzw. beide finden diese Bewegungen tatsächlich nicht zuordenbar, nicht berechenbar und nicht „normal“. Die arme Lourina lernt „Seekrankheit“ kennen!

Nach wie vor schiebt sich Vitamine bei bis zu 2 ½ Meter Welle, bis zu 25 Knoten Wind und bis zu 30 Knoten in den Böen wacker vorwärts. Immer wieder mal kommt eine Welle über den Bug auf´s Vordeck. Immer wieder mal wird die Breitseite durch die Schräglage von Vitamine geflutet.
Die Wetterfrösche haben ihre Glaskugel richtig gedeutet und wir die Wetterfrösche.
Die Freude darüber kommt später – jetzt und hier sind wir anderweitig beschäftigt.

Aber und immerhin: Es geht gut voran!
Zum 2. Mal innerhalb von 1 Monat liegt der Leuchtturm von Tarifa, (der südlichste Punkt Spaniens), zu unserer Rechten.
Diesmal unter Segel + diesmal mit VITAMINE, die rund um ihren Rumpf wohl das erste Mal Atlantikwasser spürt.
Es scheint ihr zu gefallen!

Aufgrund der noch in La Linea gebliebenen Wal
und der seit dem Auslaufen mit Übelkeit kämpfenden Lourina beschließen wir, auch diesmal:

Wir biegen nach der Meerenge von Gibraltar nicht nach links ab –
sondern nach rechts.

Aber diesmal „nur“ bis Barbate hinauf. Nur ein Stück die spanische Küste hinauf in den Norden –
Barbate -der 1. spanischen Hafen im Atlantik.

Es läuft!
Und wie!
Wir machen 7,9 Knoten Fahrt!

Kaum sind wir bei Tarifa „um die Ecke“ und in den Norden hinauf abgebogen, wird es spür- fühl- und sichtbar ruhiger ….


…. Die Welle sinkt auf 0,5 bis 1 Meter, der Wind pendelt sich auf konstante 20-25 Knoten ein.

Wie angenehm!
Eine große Erleichterung für Lourina!

Das Lächeln gelingt schon wieder leichter!

Gleich nach Tarifa sehen wir auch eine für uns neue Fortbewegungsart auf dem Wasser:
Das „Engelsflügerl“ sorgt in Verbindung mit dem „Schwert“ für den ultimativen Gleiteffekt:
Hydrofoil-Surfing!

Spaßfaktor garantiert?
Wie viele Übungsstunden er wohl hinter sich hat? 1,2,3, viele?

Die gut 20 Meilen bis Barbate verschwinden angenehm + rasch in Vitamine´s Kielwasser.
25 Knoten Wind und wenig Welle bringen uns schnell unserem Etappenziel näher.

Der 1. Sonnenuntergang auf dem Atlantik

Pünktlich vor dem Einlaufen in Barbate lässt der Wind nach, nur mehr ein Lüftchen weht, trotzdem ist das Anlegen keine „gmahte Wiesn“.
Und das liegt nicht an der Dunkelheit der Nacht:
Zum einen ist es die nicht sichtbare Strömung im Hafen, die das Manöver „Rückwärts einparken“ erschwert, zum anderen beweist Vitamine wieder einmal, wie „leichtführig“ sie sich nach vorne bewegen lässt – und wie „schwerführig“ sie im Rückwärtsgang unterwegs ist. Auch im Atlantik.

Erster Einsatz für unsere neue Crew! Beide helfen, mit Fendern bewaffnet, hochmotiviert mit, um Vitamine vor unliebsamen Land- und Bootkontakt zu schützen.
Erfolgreich!

Wir haben Frühstücker an Bord!
So ist das eben, wenn man Gäste hat … sie bringen auch andere Gewohnheiten mit… *blink*

Erste Conclusio::
Unsere Gibraltar-Katzaln sind äußerst pflegeleicht und lieb und nett ….. !

Der Hafen von Barbate liegt „ruhig und entspannt“, anders ausgedrückt „kahl und fernab der Zivilisation“.
Aber die Chance zum Nachbunkern für uns 2-Beiner möchte ich nutzen.
Glücklicherweise haben wir einen Scooter an Bord! Dieser bringt mich in Nullkommanix in den kleinen schmucken Ort mit überraschend schöner Sandstrand-Idylle!
Und das entlang eines Fahrradweges, dessen Ambiente kaum zu überbieten ist:

Sonne, Sand + Meer! Ein kleines Paradies!

Den Rückweg treten Emmerich, der Scooter und ich gemeinsam an.
Emmerich aus Kirchschlag hatte mit 57 Jahren einen Herzinfarkt. Der Arzt hat ihm geraten, seinen Lebensstil zu ändern. Das hat er befolgt!
In den folgenden 7 Jahren hat er sich in fernen Ländern umgesehen. Bevorzugt in Thailand, seit Covid bevorzugt in Europa – und aktuell absolviert er seine täglichen Geh-Kilometer in Barbate!
Die Leber des ehemaligen Wirt´n hat Erfahrung mit dem Malzgetränk aus VITAMINE´s kaltem Bauchladen. Wohl bekomm´s!

Wen frau in Barbate trifft? Einen netten Ösi?

Keine 24 Stunden nach dem Einlaufen laufen wir aus Barbate wieder aus –
am 28. Jänner 2022 am Nachmittag.
Bereits in der Hafenausfahrt begrüßen uns 25 bis 30 Knoten Wind von vorne. Die Welle ist ebenfalls beachtlich und knallt hart immer wieder gegen Vitamine´s Rumpf.
Bis zur Mitte der Gibraltareinfahrt (ca. 60 Meilen) begleiten uns Böen bis 40 Knoten.
So lassen wir auch bei der Fahrt in den Süden die schönen Dünen bei Bolona , die uns schon bei der Fahrt in den Norden freundlich angelächelt haben, im wahrsten Sinne des Wortes links liegen – dies sind keine Bedingungen für einen entspannten Dünenlauf!
Auch andere Küsten haben schöne Dünenlandschaften. Bestimmt!

Die kommenden 24 Stunden sind anstrengend. Die ganze Nacht hindurch (bis auf ein paar kurze Ausnahmen) ist unser braver Fritzi (der Autopilot) überfordert. Zu viel Wind – zu viel Welle. So steht „Handsteuerung“ auf dem Programm! Erstmalig wieder so lange und intensiv (die bislang stürmischste Überfahrt war vor gut einem Jahr von Italien nach Griechenland).

Auch wenn die „Erholungsnacht“ in Barbate gut getan hat: Diese harten Bedingungen bringen Lourina´s Gleichgewichtsorgan wieder in Unordnung und ihren Magen in Miss-Stimmung. Sie nimmt es tapfer und optimistisch.
Ihre Hoffnung: nach spätestens 3 Tagen ist es vorbei!
Bis dahin hat sie auch die Unterstützung von Fey. Die 2 sind ein gutes Team!