Kapverden 2017 Woche 2

Sonntag, 24. September

Nach unserer 2. Nacht durchgehend auf See sind wir, von Maio kommend, morgens etliche Seemeilen vor Boavista. Um 11 Uhr vormittags zeigt unser braver Plotter – Trommelwirbel – unglaubliche 500 gefahrene nautische Meilen ab Mindelo!

Wir sind mit „C´Alma“ sehr zufrieden – die kleinen Reparaturen zu Beginn waren – dank des guten Boots-Verstands des Käptns – harmlos und seitdem trägt uns C´Alma sicher und ohne irgendwelche weitere Alüren über die Wellen.

Gestern Nacht zeigte allerdings der Autopilot Anfälle von Müdigkeit – oder brauchte er nur etwas Zuspruch und positive Energie?

In der Nacht bereits meldete er sich immer wieder: „Antrieb gestoppt“, gefolgt von „Kein Autopilot“.

Tagsüber verschärft es sich – nach jeweils wenigen Sekunden „im Dienst“ zeigt sich, dass er nicht mehr korrigieren und Kurs halten kann, er schreit piepsend um Hilfe und wir übernehmen manuell.

Kein Problem für eine typische Urlaubsfahrt – 11 Uhr ausfahren, spätestens 16 Uhr einlaufen in den Hafen – für uns Atlantikbummler (hach, hört sich das gut an! ;-)) würde ein ausgefallener Autopilot allerdings ein deutlich anstrengenderes Reisen bedeuten, weil ständig ein Crewmitglied hinter dem Steuer „verhaftet“ ist. Bei einer aus 2 Personen bestehenden Crew vor allem Nachts – aber auch tagsüber – mühsam. Der Verzicht auf Gewohntes und für „Wertvoll“ befundenes schmerzt – an Land als auch auf See.

Doch – wir sind wiederum Glücksis – dank des Käptn´s technischer Raffinesse und des positiven Zuspruchs incl. Dolphin Healing meinerseits hat er sich vollständig erholt und versieht wieder willig seinen Dienst. Danke! Und Ja! Es ist wohl an der Zeit, Danke zu sagen, für diese wunderschöne, problemlose 1. Woche auf Dir, liebe C´Alma!

Die Ost-Küste von BOAVISTA präsentiert sich mit kilometerlangen Sandstränden und Dünen – ein schöner Anblick – wie der Name der Insel schon sagt.

Aufgrund der Untiefen und des Seichtwassers, weit hinaus (bis zu 1,5 nm) in´s Meer, halten wir gebührend Abstand vom Festland. Etliche Fotos später machen wir uns auf gen Westen – Sao Nicolau ist unser nächstes Ziel!

Oder…. Haben wir nicht doch noch Zeit für Sal? Sal wäre die einzige Insel, die wir nicht zu Gesicht bekommen bei unserer kapverdischen „Rundreise“ – unser Boot-Insel-Hopping wäre komplett – nicht von Bedeutung aber unser Segelgeist ist nach wie vor ungebrochen….

Nach einer kurzen Berechnung des zurückzulegenden Weges bis zu unserem Heimathafen in Relation der uns verbleibenden Zeit kommt der Käpt´n zu dem Schluß: Kehrt Euch!

Regel Nr. 1 an Bord: Der Käpt´n hat immer Recht! Und demzufolge sind Befehle sofort, ohne Hinterfragen (welches IMMER unnötig, siehe Regel Nr. 1) und sonstiger Verzögerungen auszuführen.

Was in diesem Falle zu einer sofort durchgeführten Wende und dadurch Aufnehmen des Kurses Richtung Sal meinerseits führt!

Eine schöne halbe Nacht auf See steht bevor!

Montag, 25. September

28 ° Wassertemperatur, an Land: heiß!

An Bord: urgemütlich unter´m Bimini bei leichter Brise, in der wunderschönen Bucht „Baio do Mudeira“ im Westen von der Sonnen- und Wüsteninsel SAL!

Sal ist die nörd-östlichste Insel des kapverdischen Archipels und die touristisch am besten erschlossene. Sonnen- und Wassersporthungrige mit dem Wunsch nach Wüstenflair und dem Anspruch europäischen Standards verschiedener Sterne-Klassen als auch organisierter Landausflüge und Animationsprogramme für Klein + Groß sind hier genau richtig!

Und trotzdem! Uns Glücksis offenbart sich Baio do Mudeira noch als unser ganz persönliches Paradies!

Die gen Westen weit offene Bucht – oh Wunder: im Turnführer wurde keine einzige Untiefe oder sonstig gefährliche Stelle beim Ansteuern erwähnt – erstreckt sich von Norden bis Süden über 5km(!) und gegen Osten über fast 400 Meter. Für unser Bucht-Gefühl, geeicht in der kroatischen Adria, sind dies gigantische Ausmaße! Und wir haben sie für uns allein!

Nach dem Setzen des Ankers knapp vor Mitternacht und dem „Mitternachtssnack“ – einem Reis mit Papaya-Marmelade, Kakao und frischer Mango (noch aus Mindelo) verbringen wir eine wohltuend-ruhige muskulatur-entspannende Nacht.

In der Früh offenbart sich uns die ganze Schönheit der Baio do Mudeira! Gott sei Dank fiel unsere Entscheidung auf diese Bucht in der Mitte von 2 Häfen – dass die Einflugschneise des Flughafens von Sal sich direkt über unserem Mast befindet sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt – der Idylle tut dies KEINEN Abbruch….

Zeit für den Käptn, seinen Geist zu fordern: Seekarten-Studie, Ankerkunde und AIS-Lektüre als auch ein kurzer Ausflug in´s „Hakuna-Matata“-Land (weil gestern davon gesprochen. Hakuna matata!)

Und auch Zeit, den 2. Fisch unseres „Frei Bord-Services“ in Tarrafal zu zerteilen.

Und auch Zeit, den Körer zu pflegen, der seit gut 1 Woche extremen Sonnen- und Windverhältnissen ausgesetzt ist, in dem jede Muskelfaser seit gut 1 Woche überdurchschnittlich beansprucht wird und der seit gut 1 Woche kein Süßwasser gesehen hat: 1 x olivieren bitte! *ahohhm…*

Nach einem wunderbar entspannenden Aufenthalt für Körper + Geist in der weitläufigen Bucht von Baio do Mudeira lichten wir mit 570 nm um ca. 14 Uhr wieder den Anker und dann… dann folgte ein wiederum sehr intensiver Lernteil für mich: Erst vor kurzem das System „Wie bringe ich mein Boot rückwärts in die gewünschte Richtung“ verstanden habend, dachte ich mir, diese weit offene Bucht, wir im Besitz der Monopolstellung für „Boot“, bietet DIE Möglichkeit für DAU´s, gekonnt und sicher die 1. Rückwärtsfahrt zu absolvieren. Nicht bedacht hatte ich die Kraft des Windes, der mit beachtlichen 20 kn die Dau-Sache zu einer Chef-Sache macht….

Nach etlichen „Doing-by-Myself-„Versuchen wollte mich der Käptn mit Ratschlägen und Tipps unterstützen – bis er schließlich selbst Hand anlegte, um zu „fühlen“ was Boot, Wind und Wellen forderten. Anschließend folgte intensive Arbeit – yeah! Erfolgreich! Am Ende konnte ich mit Hilfe des „Vorspannens“ unsere C`Alma rückwärts Richtung offenes Meer steuern und eine 180 ° Drehung anschließen, um sodann – gefühlt mindestens einen Meter größer – Vorwärtskurs aufzunehmen! Nächstes Ziel: Sao Nicolau!

Dienstag, 26. September

Im Morgengrauen offenbart sich die Andersartigkeit und wiederum Einzigartigkeit der östlichsten der Nordinseln – SAO NICOLAU !

Der Kontrast zu Sal, der nördlichsten der Ostinseln, der Touristen- und Tourismushochburg dank ihres Wüstencharakters mit kilometerlangen weißen Sandstränden und ebenfalls sandbedeckten Hügeln ist beeindruckend.

Sao Nicolau präsentiert sich wie eine natürliche Festung: die ganze Insel scheint aus Gebirgszügen aus dunklem Lavastein zu bestehen – Bergrücken an Bergrücken, dazwischen nur unwesentlich tiefer liegende Höhenkämme – mehr oder weniger weit verlaufend. Gegen Osten zieht sich über Kilometer ein langsam abfallendes grandioses Plateau – und immer: steil abfallende Wände, tosende, sich immer wieder an den steil aufragenden Klippen brechende Wellen.

Ein Leuchtturm ist am Tag auszumachen, in der Nacht ist er nicht befeuert und uns keine Orientierungshilfe, aber dank Plotter sind wir immer informiert und am richtigen Kurs.

Auch der Kontrast von Baio do Carracal auf der ersten Hälfte der Südseite von Sao Nicolau zur Bucht der letzten Nacht auf Sal könnte kaum größer sein:

Eine ohnehin enge Einfahrt wird durch hineinragende Untiefen back- und steuerbords noch einmal enger, das Becken der Bucht detto einfach klein, die 3 geparkten Fischerboote mitten in der Einfahrt bieten ein nettes Fotomotiv aber keine Motivation, uns an ihnen vorbeizudrängeln. Der Anblick des adretten kleinen Dorfes im grünen Look (Gebüsch als auch Palmen zeugen von erfolgreichen Versuchen der Fruchtbarmachung des kargen Bodens) lässt den Gedanken aufkommen: Hier kennt man sich noch! Hier funktioniert Gemeinschaft noch! Hier MUSS Gemeinschaft noch funktionieren….

Sao Nicolau ist die einzige Insel des Archipels, die hohe Gebirgszüge und damit einhergehend fruchtbaren Boden für die Landwirtschaft aufzuweisen hat als auch wüstenähnliche Trockengebiete mit Sandstränden! Die Inselform ist ebenso einzigartig: Der West-Teil hat eine an die Form vom Kontinent Afrika erinnernde Gestalt.

Auch draußen, in unserer jetzigen Position, zu ankern ist möglich – doch der Tag ist jung und so beschließen wir, postwendend zu kehren, zurück zur Ostspitze der Insel, auf zur nördlichen Umfahrung von Sao Nicolau, der Norden soll noch wilder, noch gebirgiger, noch ultimativer sein – und außerden heute den für uns besseren Wind bieten.

Der Käpt´n ist wieder mal mit C´Alma beschäftigt, diesmal mit ihren „Eingeweiden“: Unser Meerwasserhahn in der Küchenabwasch spuckt nur mehr wenig und sporadisch Wasser aus. Der 2. Hahn hat von Anfang an verweigert – was uns nicht weiter tangiert hat, weil wir aus dem anderen Hahn mit Meerwasser für den Abwasch als auch für´s Kochen (spart Salz, nehmt Meerwasser! ;-)) versorgt waren. Nun waren wir in Waschbecken-Meerwasser-Not. Natürlich könnten wir das Meerwasser mittels Kübel direkt hinter dem Boot beschaffen – aber einmal positiv Befundenes wird nun mal nicht gerne hergegeben – wie schon mal erwähnt….

Käpt´n meint, dass der Zufluss der Meerwasserleitung verlegt sein dürfte – wird beim nächsten vor Anker liegen begutachtet werden.

Und wieder: Ein Erlebnis besonderer Art!!! 1,2,3 viiiiele Rückenflossen backbord!

Rückenflossen, die gaaanz gemächlich auf- und abtauchen als auch Rückenflossen, die quasi im Wasser stehen. Mehrere Delphinschulen – ca. 10 Tiere pro Schule –  als auch ein paar vereinzelt bzw. paarweise schwimmende… Eine gemütliche Gruppenreise einer Großfamilie nach dem morgendlichen Fischfang? Quasi ruhende Delphine? Oder in ernster Mission unterwegs?

Oder …. Das Bewegungsmuster passt so gar nicht in unser Delphinbild…. Gar Wale????

Die Reise geht so gemächlich, dass nur Atemloch- und Augenbereich an die Wasseroberfläche kommt, aber eindeutig erkennbar ist eine “Vorwölbung“ zwischen Stirn und für uns nicht sichtbarer Schnauze.

Buckeldelphine? Buckelwale?  Wobei sich „Buckel“ doch auf eine Vorwölbung am Rücken bezieht?

Die locker im Gruppenverband reisende Truppe sucht keinen Kontakt zu uns – so manche weichen aus, wenn wir ihnen zu nahe kommen – durch Richtungswechsel seitlich oder nach unten – ein paar Zehntelsekunden noch mit dem Auge verfolgbar. Ein Flossenschlag würde genügen, um sie für uns unsichtbar zu machen – und doch – für eine lange Zeit erlauben sie uns, sie ein Stück ihres Weges zu begleiten! Manche nähern sich uns – aber nur unter Wasser – für uns als große Schatten – deutlich größer als unsere bisherigen Sichtungen – ausmachbar – die Flossen über Wasser halten Abstand. Zumindest 2 Rückenflossen – sie reisen auch gemeinsam – haben markante Einkerbungen – ideal für ein Animal-Watching-Projekt.

Die im Hintergrund bzw. in der Heimat gelaufenen Recherchen (Vielen Dank, Claudi!) haben ergeben: Wir dürfen tatsächlich gerade mit Walen reisen! Mit Grindwalen!!!

Die Grindwale gehören in der Systematik in die Ordnung der Wale, Unterordnung Zahnwale, Überfamilie Delphinartige, Familie der Delphine.

Und die Zahnwale besitzen ein Organ aus Fett- und Bindegewebe – die Melone – über dem Oberkiefer, die unterschiedlich stark ausgeprägt ist. Diese „Vorwölbung“ zwischen Stirn und Schnauze hat eine wichtige Funktion: Echoortung! (die vom Grindwal produzierten Laute werden in ihr fokussiert)

Die verschiedenen Gruppen wählen kurzfristig unterschiedliche Bahnen, so dass quasi rund um uns eine Vielzahl von Flossen zu sehen sind, die verschiedene Richtungen einschlagen – ein herrliches Wimmelbild – und doch ist eindeutig: die Koordinaten des gemeinsamen angepeilten Wegpunktes sind allen bekannt und von allen akzeptiert.

Schon lange bin ich in Ehrfurcht still geworden – angepasst an deren Geschwindigkeit und Ruhe summe ich nicht mal mehr sondern schicke nur noch in Gedanken „Rainbow dolphins, rainbow dolphins, do what you want to do and go where you want to go ´cause love is guiding you – Rainbow wales, rainbow wales…..

Schließlich trennen sich unsere Wege….

Noch immer in Ehrfurcht und Dankbarkeit genieße ich den Ausblick auf die Nordküste von Sao Nicolau – teils sanft, teils steiler abfallende Berghänge, auslaufend wiederum in einem grandiosen Hochplateau, abrupt übergehend in die gut 40m hohe Steilwand,.

Und hin und wieder sind die Wasserfontänen, die in die Höhe schießen,  gleich hoch wie die Klippen selbst!

Gemütlich zieht C´Alma selbständig ihre Spur – ohne Aufkreuzen trägt sie uns an den unbewohnten Inselchen „Razo“ (in der hereinbrechenden Dämmerung sehen sie gar nicht so klein aus – muß am anderen Maßstab liegen 😉 – und der ebenfalls unbewohnten unter Naturschutz stehenden Insel „Branco“ – dem Vogelschutzgebiet mit vielen Sturmvogelarten & Co – und – tatsächlich – es sind deutlich mehr Vögel knapp oberhalb als auch weiter in den Lüften rund um uns zu sehen – vorbei.

Unser Ziel, „Santa Lucia“, die ganze Insel ein Naturschutzgebiet und die westlichste der 3 unbewohnten Inseln, liegt knapp vor uns – die Insel mit dem Robinson-Feeling! Menschenleer, tosende Brandung, Sandstrand, hügelig…. – Entdeckerherz, was willst du mehr!

Seltsam – ein für diesen Törn absolut ungewohntes Licht – bzw. 2 – leuchten uns entgegen.

Wird sich wohl schon auf der nicht allzu weit entfernten Nachbarinsel Sao Vicente befinden… Leuchtturm ist keiner eingezeichnet…

Wir kommen Santa Lucia und „unserer“ Bucht vor der unbewohnten Robinson-Insel immer näher.

Und 2 Ankerlichte leuchten uns entgegen.

Erstmalig auf diesem Törn sind wir in Gesellschaft beim Buchteln! (okay – ausgenommen Baio do Tarrafal – und soooo oft haben wir nicht gebuchtelt… aber das einzige, das allereinzige Segelboot unter Segel auf unserem gesamten Törn haben wir vor Sal gesehen – und jetzt liegen wir mit zweien davon vor Anker, ausgerechnet vor einem unbewohnten, ach so unberührten Iland!

Um 22 Uhr werfen wir den Anker bei einem Stand von 697 nm!

Beim Verzehr des noch backhauben-warmen Bananenkuchens amüsieren wir uns noch über die Faszination der Robinson´schen Idylle in unserer modernen, verbauten, oftmals naturverhöhnenden, hochtechnisierten, Beton- und Menschenagglomerationen produzierenden Welt.

Noch eine Überraschung: Es regnet! Nicht nur ein paar Tropfen nieseln! Es regnet so stark, dass es in unseren Breiten als leichter, gemütlicher Regen durchgehen würde – immerhin sicherlich 1 ½ Minuten!

Mittwoch, 27. September

Und wieder wird es ein Sonnentag!

Diesmal lugt die Sonne über den kleinen Bergrücken in der Schneise, hinter der wir liegen.

Und im Morgengrauen entpuppt sich das eine Ankerlicht zu einem Kat gehörend (apropos Menschenagglomerationen ;-)) ) das andere zu einem Mono, etwas größer als unsere C´Alma.

Das Robinson-Feeling motiviert mich – erstmalig seit dem Ablegen im Hafen von Mindelo – Land zu betreten!

Natürlich schwimmenderweise den Strand erreichend, mit nicht mal einem Feigenblatt bekleidet – ach so – wir sind ja in Gesellschaft… arrrrrrrgh

Zart begrünte Ebenen, little Stonehenge und andere interessante Felsformationen locken – vielleicht komme ich sogar durch diese Felsschneise, über deren einen Gipfel die Sonne gelugt hat, auf die Nordseite….. – huch, wie interessant! Vielleicht hat sich doch schon ein der Gesellschaft überdrüssiger europäisch-amerikanischer Wirtschaftsbonze HIERHER abgesetzt, um seinem Leben neuen Sinn zu geben und sich selbst wieder zu finden, fernab von Besitz, Luxus, schnödem Mammon, dem immer weiter in den Wahnsinn treibenden Wirtschafts-, Industrie- und Kapitaldenken, fernab jeglicher technischer Errungenschaften. Einer, der sich auf´s Innere der Insel zurückgezogen hat, um unentdeckt zu bleiben – so wie damals die Einheimischen, um keine Piraten anzulocken ….… – huch, wie archaisch als auch romantisch!

Für´s Erste schlürfe ich meinen Tee, mache Waschtag, indem ich eine Leine mit Kleidungsstücken im Heck im Wasser treiben lasse und die Wellen als Waschmaschine fungieren lasse, und den Küchenabwasch – da unser Meerwasserzufluss nach wie vor nur leise spuckt – ebenfalls hinten am Heck – sowieso viel schöneres Ambiente als im Bauch von C´Alma…  – Käpt´n schläft noch – psssssssssst!

Das Anschlagen der Wellen auf dem, die ganze sichelförmige Bucht auskleidenden Sandstrand bietet einen wunderschönen Anblick. Meine Ohren empfinden es als sehr laut – sie sind schließlich auf offenes Meer geeicht: mindestens 20 Knoten ließen sich vermuten!

Den ersten Schnorchelgang nutzt der Käpt´n zum vollständigen Erwachen als auch, um den Zulauf unseres Meerwasserhahnes zu begutachten – dieser hat sich seinem suchenden Blick durch die Schnorchelmaske zwar nicht präsentiert, aber nach der Reinigung der Abflüsse der beiden Meerwasserhähne, von denen der Zweite nach wie vor auf Urlaub ist – hat – oh Zauber – auch der Zufluss aus dem ersten Hahn wieder tadellos funktioniert!

Es ist soweit! Hinein in die Fluten – der Käpt´n hat mich gerade noch rechtzeitig an das für den Landgang notwendige Schuhwerk erinnert – die mich mit angenehmer Frische und mit der passenden Wohlfühldosis an Bewegtheit umschmeicheln. Das Schwimmen ist ein Genuß – selten aber doch sind kleine Fischschwärme zu sehen, in Ufernähe wird der Sand unter mir bewegter… und schon spült es mich mit frauhohen Wellen im wahrsten Sinne des Wortes an Land.

An den Wohnort von weißen Krebsen, die vor meinen Schritten in´s Wasser flüchten. Ihre Unterkünfte, Sandhöhlen mit beachtlicher Tiefe und Durchmesser sind Zeuge ihrer regen Bautätigkeit. Helle und dunkle Komponenten des feinen Sandes produzieren in Zusammenarbeit mit den immer wiederkehrenden Überspülungen der Wellen ein fein-marmoriertes Muster – erinnernd an Tortenverzierungen – auch der beste Konditor müsste zugeben: well done!

Herrlich, barfuß durch diesen weichen, nachgiebigen und gleichzeitig doch festen Untergrund zu laufen, herrlich, wie die immer wiederkehrenden Wellen die Füße umspülen und – ja! Herrlich, wie der Wind die noch tropfnasse Haut umgarnt…

Bis jetzt noch alles barfuß gut machbar – aber – auch das Hinterland und speziell ein Berggipfel ruft mich: Hinauf das Schuhwerk, den Schnorchel um den Hals geschnallt und hinein in´s Geröll.

Der grüne Flaum entpuppt sich als flaches Gesträuch, verschiedenste Arten von Flechten, gelb, weiß und lila blühend, selten so was wie ein Baum – max. Hüfthöhe, gerade sich entfalten wollende Blüten ähnlich wie Hortensien, oder Strauchgewächse mit malven- und hibiscus-ähnlichen Blüten. Und dies auf grauem, roten, gelben, schwarzen Gestein – ein Eldorado für Geologen und Botaniker! Ich erfreue mich an den zahlreichen Spatzen, die mich tschilpend überall hinbegleiten – gerne nehme ich ihre Tipps für die Routenplanung an – als auch an den spärlich sich mir zeigenden Eidechsen und kleinem Flattergetier.

Auf halber Höhe ist der Ausblick fast am schönsten. Der Winkel zum Meer passt perfekt – und wiederum: Herrlich! Einfach herrlich!

Beim Hinaufgehen und teilweisem –klettern wird mir bewusst, wie viele Seelen hier vorhanden sind! Ich singe ein Lied zu Ehren der Steinwesen und Danke ihnen.

Und schon – Gipfelsieg!

Oh ja! Ein erhabenes Gefühl, weit über Land und Meer zu blicken, das Land und Meer zu überblicken … Zeit für den yogaischen Morgengruß!

Beim Hinuntergehen beginne ich zu begreifen, was der Reiseführer mit „losem Lavagestein“ meint, und beschließe, doch das Angebot der felsigen und steileren Abschnitte in Anspruch zu nehmen – gelobt sei meine Vergangenheit als Bergfex und Alpin-Kletterin – andernfalls hätte ich es wohl bevorzugt, mich vom Alpenverein bergen zu lassen…

Man lernt auch schnell, das Gestein bzw. dessen Standhaftigkeit „zu lesen“ – und so kraxel ich langsam und bedacht und voller guter Gedanken wieder auf Meereshöhe hinunter – dankbar für jede Wolke, die mehr oder weniger lang den glühenden Ball am Himmel verdeckt. Ich bin schließlich ein Schattengewächs!

Und ja! Herrlich! Einfach herrlich, nach erfolgreich absolvierter Bergtour (es gibt doch Muskeln, die beim Berggehen mehr beansprucht werden als beim Segeln) seine Füße wieder im feinen Sand zu vergraben, in Vorfreude auf das kühle Nass, das die Schweißperlen mühelos und einfach so in der Bewegung des Schwimmens vom Körper wäscht….

Und ja! Herrlich, sich in die ersten Wellen der Brandung zu werfen, weiter draußen durch die hereinkommenden Wellen durchzutauchen bis wiederum die sanfte Wasserbewegung zu entspanntem Schwimmen bzw. Schnorcheln einlädt.

Einfach herrlich! Richtig kitschig schön!

Der Käpt´n hat die Zeit dafür genutzt, ein engeres Naheverhältnis zu seinem Sextanten aufzubauen – die ersten Barrieren sind gefallen, das Verständnisbarometer im Steigen begriffen…

Der Nachmittag gestaltet sich als hervorragend gemütlicher Boots-Tag.

Als ob wir Monate bis Jahre Boots-Globetrotter sind, und jetzt halt eben mal einen „Boots-Sonntag“ einlegen… – auch ein interessantes Lebensgefühl!

Diese Selbstverständlichkeit bewirkt, dass ich mitten am hellichten Nachmittag freudig unter Deck entschwinde, um einen Pizzateig + daraus entstehender Thunfisch-Pizza, gebacken in unserer Backhaube – ein Gedicht, dieses unscheinbar runde Blechteil mit kessem roten Deckel – zu produzieren. Normalerweise wäre ein nicht unbedingt notwendiger Aufenthalt in der Kombüse

für mich gleichzusetzen mit „Straflager“.

Sollte ich je auf einem schwimmenden Untersatz anheuern, dann ganz und hundertprozentig und sicher nicht als Küchenmatje, im Maschinenraum oder mit sonstigem Arbeitsplatz unter Deck – ich wäre aufgrund mangelndem Kontakt zu dem, was „Schiff“ für mich ausmacht – Wind + Wasser + Wellen + Segel + Seile + Sonne + Weite absolut UNGENIESSBAR – und die so entstandenen Speisen ebenso – zumindest auf energetischer Ebene.

Die Krönung dieses „ganz normalen“ und doch so besonderen Tages ist ein schillernder Sonnenuntergang hinter dem kleinen vorgelagerten Inselchen von Santa Lucia.

Der „Leitspruch“ vom Ende unserer Dolphin-Sailing-Woche 2017 kommt uns in den Sinn:

„Wir sind im Paradies – holt uns bloß nicht raus!“

Donnerstag, 28. September

Im ersten Morgengrauen ortet eine Schildkröte die Lage des neuen Tages und streckt ihren Kopf über die Wasseroberfläche, um sogleich wieder den Blicken zu entschwinden – ein paar Sekunden nochmals, diesmal etwas mehr nach oben an die Wasseroberfläche kommend, so dass auch deutlich der Panzer zu erkennen ist – hurra! Auch diese Bucht hat ihre Schildi!

Heute steht noch einmal ein Landgang auf Santa Lucia an – ich hatte gestern keinen Fotoapparat dabei aber tausende toller Fotomotive!

Ich schnappe Schuhe UND Fotoapparat und ja – wiederum ein herrlich schönes Erlebnis! Diesmal ist unser Boot das einzige weit und breit!

Somit ist das gedankliche Robinson-Image wieder aufpoliert!

Um ca. 12 h 30 lichten wir den Anker – mit Wehmut – ab jetzt ist es einfach so – es geht zurück – ein „Danke“ an die Schönheit der Natur, an die Spirits, die uns alle wohlgesonnen waren – bedanken uns bei einem Platz, aus dessen Komponenten paradiesische Urlaubsträume gewebt sind – und mit den besten Wünschen verabschieden wir uns…

Das kleine vorgelagerte Inselchen bietet sich noch an für eine Lerneinheit: Rückwärtsfahren, Einparken, um 180 Grad wenden – yeah! Well done!

Und Yeah! Es flosselt in den Wellen! Eine Delphinschule auf entspanntem Jagd-Trip!

Wer weiß, wie oft sie schon vorbeigekommen sind, ohne dass wir sie wahrgenommen haben?

Unser Blickfeld ist ja – im Vergleich mit den hier herrschenden Weiten – extremextremextremst begrenzt – in 100 m Entfernung bleiben Flossen bereits unerkannt – und dieser Sinn ist der wichtigste Sinn für uns Augentiere – hach – was bleibt uns alles verborgen!

Die Delphine nehmen uns und unsere Freude ob dieser Begegnung wahr, schwimmen in gewohnter Leichtigkeit und Eleganz zu uns, zum Bug unserer C´Alma und begleiten uns eine Weile. Eine kleine Anzahl bleibt länger bei uns als der große Rest – ca. 30 Tiere insgesamt – und es macht den Anschein, als ob sie uns noch länger begleiten würden, aber das sie „zur Pflicht“ gerufen werden – Adieu, ihr Lieben – Gut fang!

Zurück zur Übungseinheit – es geht gut voran, mein Verständnis-Barometer für den Gashebel steigt….

Wir beschließen abzudrehen, das Paradies Santa Lucia endgültig im Rückspiegel zu sehen und nehmen Kurs auf Richtung Mindelo.

Und – oh Freude! Die Delphine gesellen sich noch einmal zu uns!

Es ist unmöglich, sie genau zu zählen – wie bei den vorigen Begegnungen auch – zu schnell sind die Bewegungen – zu schnell die Richtungswechsel, zu schnell das Auftauchen und Wegtauchen backbord und steuerbord… es bleibt die Freude der Beobachtung!

Wie gut, dass wir noch unter Motor sind und somit windunabhängig unseren Weg bestimmen können!

Unsere Gefährten begleiten uns neugierig und interessiert – mit mehr oder weniger vielen weißen „Sommersprossen“ auf der dunkelgrauen Haut…

Herrlich… einfach herrlich!

Begegnungen dieser Art sind für mich immer „Begegnungen anderer Art“ – so schön, dass es nicht möglich ist, sie in ihrem ganzen Umfang zu beschreiben – unsere Möglichkeiten des Ausdrucks sind dafür zu begrenzt….

Plötzlich dreht C´Alma ab – die Delphine scheinen etwas irritiert – ich auch, durch einen Blick nach hinten wird mir klar: Ein „Mann-über-Bord-Manöver“ steht an!

Nein – Gott sei Dank – es ist nicht der Käpt´n, den es zu retten gilt – nur sein Hut treibt im kühlen Nass – der Hut ist schließlich am Waschtag  leer ausgegangen bzw. trocken geblieben.

Nach erfolgreichem Manöver wird das Haupt des Käptn´s auf natürliche Weise gekühlt und die Delphine sind weitergezogen – wie schön, dass ihr da ward!

Wir machen uns auf, um Sao Vicente im Norden zu umfahren – beste Segelbedingungen – mit der Zeit frischt der Wind noch etwas mehr auf und so wird es für unser Gefühl zu viel Wind (bis zu 25 kn Wind, Böen über 30 kn), um das Groß- als auch Vorsegel ganz gesetzt zu lassen. Das zur Vorsicht ratende Gefühl wird durch das Rollen des Bootes noch verstärkt. Das Reffen wirkt sich positiv für meinen Lieblings-Platz – ganz vorne  am Bug – aus – bei halb gerefftem Vorsegel lässt sich die Vorstag stehend ideal als Halterung und die verbleibende Segelfläche als Sonnenschutz für den Kopf nutzen – das haben die Boots-Architekten wirklich gut hinbekommen!

Bei diesem Blickwinkel auf Sao Vicente verweilt der Blick auf einem Gebirgszug, der „auf halber Höhe“ wie mit einem scharfen Messer waagrecht abgeschnitten wirkt. Sozusagen wurde der halbe Berg des Toblerone-Stücks abgeschnitten. Ein interessanter Anblick. Und dies über Kilometer.

Die Sonne neigt sich – für die Überlegung, Santo Antao, die westlichste und nördlichste Insel, im Norden zu umrunden ist der Zeitfaktor der limitierende für unsere Segellust: Einer Umrundung steht dagegen, dass wir am nächsten Tag um 17 Uhr in Mindelo sein müssen.

So fahren wir heute noch einmal bei Mindelo vorbei und umrunden Santo Antao im Süden, um zur „Baio de Tarrafal“ auf SANTO ANTAO zu gelangen – unserem Etappenziel für die letzte Nacht „frei mit dem Wind“ auf unserer C´Alma – die nächste Nacht ist sie als auch wir bereits eingepfercht und festgezurrt im Hafen von Mindelo…

Mit bis zu 30 Knoten Wind, im Kanal Sao Vincente, und Strömungsgeschwindigkeiten von rund 5 kn treibt uns der Wind bei halb gesetztem Großsegel und eingerollter Genua mit rund 7 – 8 kn vor sich her.

In dieser Nacht werfen wir um ca. 23 Uhr mit 749 Seemeilen den Anker in einer weitläufigen, absolut wind-beruhigten Bucht –  frei von Klippen und sonstigen Untiefen – aber um das Ansteuern und Suchen eines passenden Ankerplatzes doch interessant zu gestalten, liegt eine große Flotte von Fischerbooten – so unser Gefühl nach Fast-Versenken des 1. Bootes –  unbeleuchtet vor Anker vor dem kleinen Ort… Okay – Berufsschiffahrt geht vor – keine Frage – wir sind schließlich zum Genuß hier und nicht zum Arbeiten – wir suchen uns unser Platzerl nördlich im unbewohnten Teil der Bucht.

Laut Kartenplotter und Google Maps befinden wir uns schon einige Hundert Meter am Festland.

Zu Ehren des kapverdischen Kartenmaterials und der sonstigen technischen Navigations-Hilfsmittel sei festgehalten, dass dies die allereinzige Bucht war, in der wir auf Land ankerten.

Freitag, 29. September

In der Morgendämmerung zeigt sich, dass dies der beste und schönste Ankerplatz ist, den die Bucht zu bieten hat!

Beobachtung des erwachenden Ortes aus gerade richtiger Enfernung, Ausfahren der Fischer-Boote und dies vor einem unberührten schwarzen Kies-Strand, an den ganz leise und sanft die ankommenden Wellen plätschern – die Baby-Geschwisterchen der grooooossen Schwestern in der Bucht von Santa Lucia!

Dahinter eine steil aufragende Felswand – die sich – sofern ausreichend Halt bietend – hervorragend zum Klettern eignen würde. Im Kletter-Führer könnte z.B. stehen: Santo Antao bietet Dir ein ultimatives Kletter-Allround-Erlebnis, ein Erleben für alle Sinne! Die Wand ist einfach und ohne Anstrengung vom kleinen, malerisch in der Bucht und sich auf die grünen Berghänge erstreckenden Ort aus zu erreichen – wer möchte, kann sich auch hinbringen lassen.

Die Kletterwand bietet Wege in verschiedenen Schwierigkeitsgraden, die Sicherungen sind gut gewartet, so dass einem endorphin-freisetzenden „Auffi-auf-die-Wand“ nichts entgegensteht. Auch Überhänge werden geboten!

Das Glücksgefühl nach Erreichen des höchsten Punktes der x-meter-hohen Wand wird noch verstärkt, wenn der Blick über den schier endlos scheinenden atlantischen Ozean schweift!

Wer in der Höhe ausreichend genossen, hat beim Abseilen durch den Perspektiven-Wechsel weitere unvergessliche Eindrücke. Wenn der Kontakt mit dem schwarzen Lava-Kies des Strandes wieder hergestellt ist liegt der Atlantik zum Greifen nahe – ein Sprung in die sauberen Fluten erfrischt und kühlt und belohnt Körper und Geist zusätzlich!

Wer Glück hat kann – weiter draußen – Delphine und Wale sichten!

Soweit ein Exkurs in Sachen „Kletterleidenschaft“.

Zurück zum Boot und zu den Freuden und Herausforderungen, die der heutige Tag zu bieten hat:

A handsome boy besucht uns auch in dieser Bucht und bietet uns „Frei-Bord-Service“ an. Diesmal nehmen wir es nicht in Anspruch – sind wir doch schon so gut wie unterwegs Richtung Mindelo.

Aber the handsome boy mit seinem adrett um den Kopf gewickelten türkisen Tuch und sein Boot bieten ein willkommenes Foto-Motiv – wozu er auch gerne bereit ist und auch extra noch einmal näher zu uns kommt.

Jetzt folgen theoretische Übungseinheiten: Manöver beim An- und Ablegen bei der Tankstelle und beim Einparken im Hafen.

Yeah! Ich habe das notwendige Prozedere verstanden! Theoretisch. Bleibt noch der Unsicherheitsfaktor von Strömung und Wind. Aber ich fühle mich „Best vorbereitet“!

Wir lichten zum letzten Mal den Anker und machen uns unter Motor auf Richtung Mindelo. Wir bleiben unter Motor, denn nachdem wir den Windschatten von Santo Antao verlassen haben, bläst uns Starkwind direkt auf den Bug, bis 30 kn Wind und Welle auf die Nase welche die Fahrtgeschwindigkeit auf die Hälfte reduziert. Aufkreuzen würde zuviel Zeit in Anspruch nehmen, und so bleiben wir unter Motor und genießen diese letzte Fahrt, auf der sich der Atlantik, so scheint es, extra für uns und zum Abschied, von seiner wild-sympathischen Seite zeigt.

Wiederum herrlich, vorne am Bug zu stehen! Genuss pur – ein Kraft- und Ausdauertraining in freier Natur, gekoppelt mit anspruchsvollen Balance- und Gleichgewichtsübungen – wo bekommt man auch nur ähnliches in solch perfektem Ambiente schon geboten?

Beim Einlaufen in den Hafenbereich beruhigen sich Wind und Wellen … typischer Hafengeruch – Mindelo ist eine Großstadt – dringt in unsere Nasen – Drehen wir wieder um! Hinaus, wo wir gerade hergekommen sind!

Die Vernunft siegt. Wir tuckeln weiter Richtung Tankstelle und Liegeplatz.

Das Tank-Manöver gelingt gut – wenn auch etwas anders als geübt.

Einer der Boys an der Tankstelle kommt an Bord, greift mit Hand an bei den Vorbereitungen (Fender in der passenden Höhe befestigen, Heckleinen richten…) und zeigt uns den für C´Alma vorgesehenen Liegeplatz. Zu Käptn´s Überraschung ein anderer als der, von dem wir abgelegt haben.

Damn… ist die Koje eng! Und so wenig Wind haben wir gar nicht… Böen bis 25kn….

Davor ist zwar viel Rangier-Platz, aber….. nö… nix für mich, nix für meine gerade erstmal theoretisch erworbenen Kenntnisse und für mein Platz-Bedürfnis-Gefühl:

Käpt´n – bitte übernehmen!

Frei nach Wolfi´s Motto „Das interessiert mich nicht!“

Oh Glück – der Käpt´n übernimmt!

Als sich der Zweit-Anker des backbord liegenden Bootes „Transe“, der luftig schräg an deren Bug befestigt ist und bedrohlich Kontaktsuchend aussieht, sich dem Backbord-Mittelteil unserer C´Alma nähert, bin ich gerade damit beschäftigt,  den Kontakt mit der 3-Ebenen-Motoryacht steuerbord bei Fender-Kontakt zu belassen. So sieht sich der Käptn gezwungen, seinen Steuerplatz zu verlassen, um der Transe deutlich zu machen, dass wir keinen engeren Kontakt wünschen.

Der Tankstellen-Boy, hinten auf der Bade-Plattform stehend, mit beiden Anlegeseilen in der Hand, springt flugs hinter das verwaiste Steuer und tut das, was er offenbar mit der Muttermilch aufgesogen und seit Generationen im Blut hat: er steuert ein Boot. Das Boot scheint ein Teil von ihm zu sein oder er ein Teil des Bootes. Und das in einer bedachten, alles überblickenden, offenen, ruhigen, charmanten Art, die uns bei den wenigen Kontakten mit der „Urbevölkerung“, immer wieder als herzerwärmend und positivst beeindruckend aufgefallen ist und wovon sich unsere Kultur nicht nur ein Scheibchen sondern viele dicke Scheiben abschneiden könnte….

Well done!

Wieder im Hafen!

Duschen – ein „Festland, Du hast uns wieder-Snack“ mit gemischten Gefühlen im schwimmenden Hafenrestaurant, eine kleine Hafenrunde…  ungewohnt früh meldet sich Müdigkeit, sodass wir beschließen, das Abendessen im durchaus netten und guten Restaurant zu streichen, sondern uns auf unsere C´Alma zurückzuziehen, noch eine Kleinigkeit zu snacken und der Müdigkeit nachzugeben!

Diesmal mit dem durchaus guten Gefühl, sicher zu liegen, keine Ankerwache zu halten und auch keine Anker-App einschalten zu müssen. Sind wir doch schließlich und endlich und im wahrsten Sinne des Wortes „im sicheren Hafen“!

Samstag, 30. September

Der nette Boy (Ja! Es laufen uns hier nur und ausnahmslos NETTE Boys über den Weg 😉 ), der uns das Boot übergeben hat, taucht wieder auf, gerade, als wir mit Zusammenräumen, Packen, Müll wegbringen, Originalzustand herstellen und Saubermachen fertig sind – perfektes Timing.

Er erklärt uns, dass sie froh waren, dass wir uns einmal gemeldet hatten – so wussten sie, dass es uns gut geht – und im nächsten Satz den 2. Grund: Von einer anderen Crew hat er mindestens 10 x pro Tag gehört – das Telefon lief heiß ob der vielen Probleme und Problemchen an Bord…

Tja – DER Crew hat offenbar das Crew-Mitglied mit Handwerker-Talent und Hausverstand gefehlt!

2 Wochen Kapverden und Atlantik:

Wie ist unser Resumee auf Ebene der Fakten und Daten?

  • Wir besegelten das gesamte Archipel, alle Inseln offenbarten uns ihre Besonderheiten – aus dem „Blickwinkel Meer“.
  • Mit unserer C´Alma hatten wir ein zuverlässiges, für uns genau passendes Boot, der Ablauf des Charterns war ebenfalls sehr zufriedenstellend und wir waren in einem überaus interessanten Segelgebiet unterwegs.
  • Sichtungen von großen Schulen von Delphinen und Walen!
  • Unter Motor waren wir 22 Stunden, ca. 14. Stunden davon, um Energie zu erzeugen, d.h. nur ca. 8 Stunden Fortbewegung unter Motor!
  • Die Anzeige an der Tankstelle beim Auftanken vor der Rückgabe des Bootes kletterte auf 86 Liter Diesel – ca. 67 euro – wie angenehm für unsere Bordkasse!
  • Der Kartenplotter loggte die „Seebärli-Route“ mit 766 Seemeilen !

Wie ist unser Resumee auf der emotionalen Ebene?

  • Unendliche Weite – Genuß pur!
  • Herz-Erfreuende und Herz-Eröffnende Begegnungen mit den Wesen, die mein Leben auf geistiger Ebene als Kraft-Tier begleiten – den Delphinen und ihrer nahen Verwandten, der Wale!
  • Farbe Blau überall – das Blau des Meeres und des Himmels gehen nahtlos ineinander über

Farbe Blau steht für Harmonie, Zufriedenheit, Ruhe und Unendlichkeit….

Farbe Blau eignet sich optimal, um inneren und äußeren Frieden zu finden….

Farbe Blau hilft, um Stress und Hektik abzubauen …

–> wie schön!

–> Wie zutreffend!

–> Und wie nachvollziehbar!!!

  • Das Meer, die Wellen, der Wind, C´Alma … und wir 2 !

Unsere Freude auf diese Tage der besonderen Zweisamkeit war groß – und die Freude, sie erlebt zu haben, ist noch größer!

Harmonie, Spaß, Freude, Glück und Zufriedenheit im innen und außen waren unsere Begleiter zu 99 % und haben sicherlich einen großen Anteil am „Wohlfühl-Gesamtpaket“.

Natürlich – wir hatten auch Unstimmigkeiten und Disharmonien, die das restliche 1 % ausmachten – life is not perfect – fortunately!

Aus des Käpt´ns Sicht: Andere würden sich zerfleischen auf so engem Raum auf so lange Zeit ….

  • Den weitaus größten Teil der zurückgelegten Seemeilen hat uns allein die Kraft des Windes begleitet, getragen, bewegt – ca. 200 Stunden durften wir dieses erhabene Gefühl des lautlosen, eleganten Gleitens gepaart mit dem Erspüren und Erleben der faszinierenden Kraft von „Element Wind“ erleben!
  • Der Kartenplotter zeichnete in grün unsere „Seebärli-Route“ auf – die Farbe der Hoffnung – die Hoffnung auf weitere wunderbare, Bewußtseins-erweiternde Erlebnisse auf See…

Für uns ist es Zeit zurückzukehren in unsere High-Level-Normal-Welt mit hohem Streß-, Lärm-, Geschwindigkeits-, Technik- Faktor mit ihren First World Problems – the show must go on ….

In unseren Herzen wissen wir: Atlantik – wir kommen wieder!

Ein Zitat von Kai  begleitet uns:

Kap Verden ist wie eine Atlantiküberquerung mit Ankermöglichkeiten.

Unser Segeltörn rund um Kapverden bekommt das Prädikat:

WIRD   GOLDIGST   EMPOHLEN !

Impressionen „im Anhang“:

Kai Brossmann (Charter-Chef von Trend Travel auf Kap Verden und Weltmeisterschafts-  und Einhandsegler) meinte bei der Rückgabe der Papiere:

Ihr seid ja ganz schön rumgekommen. Beiboot nicht gebraucht?

Nach der Erzählung, das mein einziger Landausflug schwimmend auf Santa Lucia war, hörten wir:

Eine Gruppe, die ebenfalls in unserer 1. Segelwoche unterwegs war, hat mit Beiboot den Strand von Santa Lucia erreicht – und sind dann dort einen ganzen langen Sonnentag geblieben, weil sie die hereinbrechenden Wellen mit Beiboot nicht mehr bezwingen konnten!

Eine schlimme Vorstellung – So schön die Insel auch ist – sie bietet keinen Schatten….

Und auch er erzählt von Crews, von denen sehr oft am Telefon zu hören ist ….

Oh ja – als Charter-Chef kann man auch so einiges erzählen…. Geschichten über „Landmenschen, die vom Meer träumen….“

Unser Taxifahrer Richtung Flughafen ist ein gesprächiger, sorglos-lustig erscheinder Kapverdianer. Zu unserer Überraschung spricht er uns in Deutsch an – fast akzentfrei! – strahlt dahin und lobt sein Zuhause: kein Streß, und alles so nah! Ganz anders als in Europa!

Auf Sao Vicente ist er in 5 min am Flughafen und in 5 min wieder in der Marina – in 5 min in den Bergen und in 5 min wieder am Meer – er liebt es, hier zu leben!

Auf meine lobende Feststellung, dass hier die Menschen so besonders nett sind, meint er beschwichtigend, dass er auch in Deutschland und in Österreich viele nette Menschen kennengelernt habe. „Natürlich“, sage ich, „so wie wir auch einfach nett sind – aber auf Kapverden ist eine noch ganz andere Ebene von „nett“ fühl- und spürbar!“

Dies wird mit einem zustimmenden Lachen quittiert.