Unmengen von friedlichen unaufdringlichen, freilaufenden Hunde gehören zum Strassenbild vom kleinen Fischerdorf Palmeira mit ca. 500 Einwohnern, auf der Insel Sal, der nordöstlichsten Insel der Kapverden.
Und mindestens soviele spielende Kinder aller Altersklassen. Die „frechen + mutigen“ Kinder setzen ein Lächeln auf, kommen näher, sagen „Olá“ und „Euro“ und halten die Hand auf.
Die Hauptstraßen sind breit und mit Kopfsteinpflaster versehen, Palmen sorgen für grüne Akzente.
Die Häuser sind groß, etliche lockern das graue Straßenbild mit Farbe auf, und größtenteils „roh“.
Allenortens scheinen Bauarbeiten im Gange zu sein, dazwischen Müllablagerungsplätze. „Wilde Deponien“.
Ab späten Nachmittag sind viele Kapverdier unterwegs auf den Straßen. Sie gehen ihres Weges, manchmal werden auch ein paar Worte ausgetauscht, wenn man sich begegnet.
Lächeln ist rar. Sehr rar. Es scheint hier ein sehr wertvolles Gut zu sein, das strengstens unter Verschluss gehalten wird.
Durch uns wird hindurchgeschaut. Als ob es uns nicht gäbe. Wie sonderbar!
Das Motto von Kapverden – „NO STRESS“ das großzügig auf Hauswänden, T-Shirts, Bildern & Co zur Schau gestellt wird, macht vielleicht doch nicht glücklich und zufrieden?
Das „CV-Mobil“-Schild zieht uns magisch an und wird zu unserer ersten Tat auf den Kapverden. Data-Card-Organisieren! (hier ist das Netz durch 2 Provider sehr gut abgedeckt)
Die kleine, ältere Frau hinter dem Tresen, in deren Geschäft nicht nur Internet, sondern auch Waschmittel, Schreib- und Bastelmaterialien und Süßigkeiten zu haben sind, fragt, ob wir französisch oder englisch sprechen.
Ah! Hierher kommen viele Franzosen – auch wenn es kein französisches Überseegebiet ist.
Als wir fragen, ob sie auch Geld wechselt, schaut sie uns erstaunt an und erklärt uns, dass hier überall Euros genommen werden. Kurs: 1 : 100.
Wie praktisch! Keine große Rechnerei notwendig – nur Kommastellen-Verschiebung!
Obrigada! (Danke! – eines der wichtigsten Wörter in jeder Sprache – auf portugiesisch – der ofiziellen Landessprache)
Kapverden war die erste europäische Überseekolonie. 1456 wurden sie von europäischen Seefahrern entdeckt und sehr schnell von Portugal in Besitz genommen. Kapverden entwickelte sich zu einem Dreh-und Angelpunkt zwischen Afrika und Amerika in Sachen Menschenhandel und „Sklaventransport“ in den folgenden Jahrhunderten.
Qua vadis Menschheit! Damals wie auch heute!
Seit 1992 ist Kapverden stolz auf seine eigene Flagge!
Die zehn gelben Sterne repräsentieren die zehn Inseln des Landes und die Anordnung für die Einheit.
Die Streifen symbolisieren das Meer (blau), die Hoffnung (weiß), das Blut der Unabhängigkeits-kämpfe (rot), den Frieden (weiß) und den Himmel (blau).
Die Amtssprache ist portugiesisich geblieben, auch nach der Unabhängigkeit im Jahre 1975 Die Muttersprache der Kapverdier ist Kreolisch (ein Mix aus portugiesisch (der Sprache der Kolonialherren), und verschiedensten afrikanischen Sprachen (den Sprachen der Sklaven). Insoferne nachvollziehbar, das sich auf jeder Insel eine eigene Kreol-Sprache entwickelt hat.
Auf den Straßen sitzen Frauen, die in Scheibtruhen Obst feilbieten oder Fische putzen.
Auch Touri-Stände gibt es. Wenn im Süden, in Santa Maria, eine Tagestour gebucht wird, werden die Touris mit Kleinbussen auch nach Palmeira gebracht „in a typical village“ und der Guide bringt sie über diese Stände zum „typischen Fischmarkt“ – Palmeira ist ja auch wirklich ein Erlebnis!
Der Hafenbereich haben wir am Nachmittag schon als quirlig erlebt. An den kommenden Vormittagen merke ich: Das war nur ein „europäisches quirlig“. „Afrikanisch-Quirlig“ sieht anders aus!
Netz-Zieher auf dem Fischerboot, Ausladen von frisch gefangenem Fisch, in den Hafen gebracht vom großen Fischerboot, das unweit des Fischmarktes vor Anker gegangen ist. Einladen von Tiefkühlpizza, Schuppen, Ausnehmen und Zerlegen, Netz-Reparatur…… hier dreht sich alles um Fisch!
Das 1. Anlanden mit Dinghi, heute am späten Nachmittag, gehört auf jeden Fall auch dazu, zum „Erlebnis Palmeira“, und das beginnt bereits bei Vitamine:
Nach einem ruhigen Vormittag an Bord hieven wir Vitaminchen von ihrem Stammplatz am Vordeck in´s Wasser. Und Paulchen auf seinen Stammplatz am Heck von Vitamine zwischen die 2 Gummiwülste im Heck von Vitaminchen.
Wir tuckern los…. aber … nach ein paar Metern stirbt Paulchen ab. Und er ist trotz intensiver Bemühungen nicht mehr dazu zu bewegen, wieder zu tuckern.
Also zurück zum Mutterschiff. Der Käpt´n in Ausgangsmontur kümmert sich um ihn, schaut genauer nach und stellt fest: der – frisch nachgefüllte – Treibstoff wird nicht weitergeleitet – er kommt nicht dorthin, wo er Paulchen´s Feuer entfachen würde.
Das Problem ist nicht so schnell gelöst – für´s Erste bleibt der Vergaser verschmutzt – und wir rudern schlussendlich an Land. Ist ja auch viel leiser. Und umweltschonender.
„Das 1. Mal“ hat immer etwas Besonderes, etwas Spannendes, etwas Aufregendes! Wo kann man mit dem Dinghi anlanden? Was erwartet einem? Was ist wo und vor allem: WIE auf dem unbekannten Neuland? Und das in einer vollkommen anderen Kultur, außerhalb von Europa – es wird wohl nicht nur die Hautfarbe eine andere sein!
Vitamine liegt gut und sicher an ihrem Ankerplatz und wir rudern (Rudaboat, Rudaboat… motoren tua i nua zuar Noat!) an vielen Segelbooten und großen und kleinen Fischerbooten vorbei, bestaunen die Quirligkeit am Ufer links (Bereich des Fischmarktes und Ein- und Ausladens als auch rechts (kleiner Sandstrand, an dem z.B. Baden und Hundeerziehung (Hundeverständnis ist leider nicht vorhanden) stattfindet.
Der Dinghi-Anlegeplatz ist dort, wo ein paar Stufen zum Wasser führen und ein paar verschieden lange Eisenstangen ein Festmachen ermöglichen. Für Fischerboote und Dinghis. Ein „Boatboy“ winkt uns, nimmt die Leine in Empfang und macht sie fest. .
Also tatsächlich! Es gibt sie! Wir haben schon davon gehört, dass sich diese „Kinderarbeit“ etabliert hat. Als „Gehalt“ erwartet er sich um die 20 Cent. So haben wir gehört von Franzosen, die während unserer Paulchen-Kümmerei gemütlich vorbeituckerten – sie sind schon einen Tag länger hier.
Vitaminchen ist also gut versorgt und unter den Fittichen des ca. 8-jährigen Boat-boys – (den wir 2 Minuten später lässig bei 2 deutlich älteren Mädls im Ort stehen sehen).
Unser 1. Landgang kann beginnen!
Gegen Abend kommt das Brettspiel „Ouril“ zum Einsatz – es ist unter diesem Namen weit verbreitet auf den Kapverden – und beliebt!
Die Spieler (Brettspiel „Ouril“ als auch Kartenspieler) die sich rund um den Internet-Hotspot des Hafens, einem Getränkestand, seines Zeichens typisch amerikanisch „Coca Cola“, eintreffen, erwecken auch das Interesse von Detlef aus Dortmund.
Der Motorboot-Besitzer mit Hausmeister-Service hat seine 2 Chihuahuas zuhause gelassen und besucht hier seinen Neffen, der in einem Restaurant ein paar Monate arbeitet. Nach dem Kennenlern-Bier in der Coca-Cola-Bude folgen wir seiner Empfehlung in´s „best restaurant in town“ – in´s „Rotterdam“. Die Portion gegrillter Fisch ist megagroß und auch sehr gut, auch die Zuspeisen können sich sehen und schmecken lassen (Reis, Pommes, Süsskartoffeln, ein bißchen Salat, Ketchup + Majonnaise) – und das um schlappe Euro 14 für 2 Personen.
Beim Einklarieren in der kleinen Polizeistation „gleich um´s Eck“ (Iinks vom Gang: Polizei, rechts „Immigration-office“) sitze ich einem ernstblickenden Herrn in Uniform gegenüber. Den ernsten Blick auf Sal kenne ich ja schon. Die Kommunikation ist ernst-höfllich-freundlich und auf Englisch gut möglich. Goldig ist er auch, der Herr in schmucker Uniform. An Hand als auch um Hals. Ebenfalls sehr schmuck!
Das Leben und Erleben in den Straßen und Geschäften birgt viele Überraschungen:
ein Anhänger, der als Auto auf die Welt gekommen war.
Apropos Auto: neuer Fahrgast? Der Beifahrersitz wird – samt Beifahrer – einfach nach vorne geschoben, und schon kann der neue Fahrgast hinten Platz nehmen.
In den LM-Geschäften, die aus halbdunklen Höhlen mit ebensolchen Gängen bestehen, wird die kg-Packung Erbsen oder Pommes aus dem Tiefkühler genommen und in kleinen Portionen (ganz nach Kundenwunsch) abgepackt und direkt verkauft. Auch Gewürze und Hundefutter sind in „marktüblichen Portionen“ zu haben. Frisches Brot gibt es nur am Vormittag. Spätestens zu Mittag ist es ausverkauft.
Die größeren Geschäfte, die einen Touch von „europäisch“ ausstrahlen, schienen fest in chinesischer Hand zu sein. Dort kommt die Auswahl bereits an einen kleinen Spar hin, bei Obst, Gemüse als auch Dosen und anderen Fertigprodukten. Sogar Milch, Käse und Wurst sind zu haben.
Brav der Weisung folgend, am nächsten Tag den Stempel im Pass zu holen (das Immigration office war gestern nicht besetzt) rudere ich wieder Richtung Dinghi-Anlegestelle. Die Boatboys sind vormittags in der Schule, nur Erwachsene bevölkern den Pier. Diese winken nicht. Beim Aussteigen lächelt mir ein gut gelaunter Polizist freundlich zu, der den Fischmarkt im Auge behält. Jö! Es gibt hier Menchen, die einfach so lächelen! Nicht nur, wenn sie Etwas von Dir wollen! Wie schön!
Pünktlich um 10 Uhr 30 (zwischen 10 und 11, hat´s geheißen) stehe ich wieder vor der Tür der Polizeistation – die diesmal allerdings verschlossen ist. Hm…. ich vertreibe mir die Zeit mit Obstverkäuferin + Souvenir-Standl-Betreiberinnen und setze mich schließlich gegenüber auf den Randstein – in den Schatten. Es ist heiß! Sicher über 30 Grad.
Der lächelnde Polizist vom Hafen radelt mit seinem Dienstfahrzeug (was für ein tolles Teil aber auch!)
die Straße herunter, sieht mich sitzen, bremst ab und fragt gut gelaunt, ob ich denn zur Polizei möchte.
Er tätigt einen Anruf und ein paar Minuten später ist sein Kollege da.
In der Zwischenzeit bestaune ich seinen Schlagstock und frage, ob er diesen denn schon ernsthaft gebraucht hat? Jaha… meint er…. manchmal, selten, wenn die Jugendlichen zu viel Alkohol tirnken…“
Sein zuständiger Kollege ist nicht erfreut, das mein Begehren ist, den Stempel zu holen UND gleichzeitig auszuklarieren (schließlich wollen wir morgen auf nach Gambia).
Er bespricht mit seinem 2. zuständigen Kollegen – sie scheinen sich darauf zu einigen, dass das so nicht geht.
Der lächelnde, nicht zuständige Kollege glättet die aufkommenden Wogen – er macht es möglich: 1. Stempel – ausklarieren – 2. Stempel. Wie fein!
Im 3. Büro landen Touris mit Dolmetscher, die offenbar einen Ausweis-Verlust zu Protokoll geben. Dieser wird geduldig zu Papier gebracht und ebenso geduldig wird über die Schadensbegrenzung und Lösungsfindung diskutiert.
Unseren 27. On-tour-Tag (*trommelwirbel*) verbringen wir in Palmeira – auf Kapverden – dem „Afrika für Anfänger!“
Ob wir es in diesem Monat noch in´s „echte Afrika“ schaffen?