Pier-Leben in Analipsi

Das Kennenlernen neuer Kulturen ist einer der Vorteile von Reisenden.
Wir liegen wieder mal seit Tagen am Pier in Analipsi. Mit Regen, viel Wind und Kälte.
Auch die Fischer machen „Regenschicht“, bleiben großteils am Pier und reparieren ihre Netze & Co – und so haben wir Gelegenheit, das Fischer- als auch das Möwenleben aus der Nähe kennenzulernen.

Typisch möwig – Einblicke in das Leben einer Fischerpier-Möwe:

Dieses Kennenlernen geschieht natürlich wechselseitig.
Was im Falle der Ersteren dazu führt, dass wir uns den Status als „Altbekannte“ erworben haben, was uns zum einen eine gewisse Pier-Liege-Berechtigung verleiht und was zum anderen dazu führt, dass wir mit einem saloppen, alltagstauglichen „Jah“ (geschrieben: „Geia“)  statt mit einem bereits etwas förmlicheren „Jah-suuh“ (Einzahl, geschrieben „Geiá sou“) oder „Jassas“ (Mehrzahl, geschrieben „Geia sas“) * und nicht mehr mit einem höflichen, aber förmlich-steifen „Kali méra“ gegrüsst werden. 

Im Falle der Zweiteren wäre mir keine Veränderung der Lautgebung aufgefallen, aber eine Veränderung im Verhalten:
In all den vielen Moooooonaten unserer Analipsi-Gastspiele haben sie uns bzw. unsere Vitamine in diesen Tagen erstmalig für sich entdeckt. Als Lande- und Aussichtsplattform.

Jeder geflügelte Reisende, ob klein oder groß, ist herzlich willkommen, sich auf unserem schwimmenden Zuhause auszurasten, (in memoria an das entzückende Schwalbenpärchen, das uns, 100e Meilen entfernt von der afrikanischen Küste, bei unserem Üerstellungsturn von den Kanaren nach Mallorca für eine Nacht beehrt hat)

Bei deren hiesigen großen geflügelten Kollegen, die ´zig Möglichkeiten in allernächster Nähe haben, um sich ein geeignetes Platzal zu finden, hält sich meine Begeisterung sehr in Grenzen.
Als sich die Landeanflüge der Möwen nicht mehr hauptsächlich auf die – zugegebenermaßen – einladend ebene, schwarze Fläche der Unterseite von Vitaminchen auf dem Vordeck beschränken sondern immer öfter der bereits altersschwache, aber immer noch saubere und nur wenige Regentropfen durchlassende Stoff des Sprayhoods, (der Niedergang-Abdeckung) als bevorzugter Landeplatz auserkoren wird, werfe ich meine Restzweifel, die sich auf meine Tier- resp. Vogelliebe beziehen, über Bord. Der Wunsch, ein funktionsfähiges und sauberes Sprayhood zu behalten, gewinnt Oberhand.

Mission „Möwenfreie Vitamine“ wird gestartet:
Die flatternden kleinen Tücher, befestigt entlang der Genua-Schoten in Kombination mit den 2 runden, Lärm erzeugenden Sieben (die uns Jozef an Bord gelassen und für die ich bis dato keine Verwendung gefunden hatte), befestigt am Baum oberhalb des Sprayhoods, erscheinen mir erfolgsversprechend. Und eine sanfte Fernhaltevariante.

Das Resumee 2 Tage später:  Die gesetzten Maßnahmen sind zuuuu sanft. Hm…..
Plan B ist gefragt:
Ist ein harter Lockdown das Mittel der Wahl? Generelles Flugverbot? Flugerlaubnis nur für die unbedingt notwendige Futtersuche?
Neinneinneinneinnein. Warum sollte die ganze Population in Mitleidenschaft gezogen werden. Es betrifft ja nur einige wenige. Ich würde sagen um die 0,1 %.
Plan C:
Leere, mit Steinen gefüllte Bierdosen am Vordeck auslegen, Verbindung mit langer Schnur in´s Cockpit – funktioniert bei Hunde- und Katzenerziehung schließlich auch.
Plan D:
Catherina fragen, ob sie weiß, wo ich ein altes, nicht mehr gebrauchtes Fischernetz bekommen könnte.

Plan D gefällt mir. Beim nächsten Einkauf in ihrem Mini-Market sitzt gerade einer der sympathischen „Jaaah“-Fischer bei ihr. Sie gibt meine Frage gleich weiter und die Zwei beleuchten die Thematik in der mystischen Sprache der Eingeborenen. Bingo! Ich komme mit neongelbem Fischernetz zu Vitamine retour, das ich aus der Mülltonne am Hafen geangelt habe, in dieselbige es am Vorabend von einem der anderen sympathischen Fischer versenkt worden ist.

Vitamine ist sicher!

Unter ihrer fetzigen Möwen-Tarnkappe (Symbolfoto) kann sie wieder ruhig schaukeln.

Mir gefällt´s! Den Möwen nicht.
Mission erfolgreich abgeschlossen!