Bei einer Luftfeuchtigkeit: um die 30 Prozent tagsüber und bei im wahrsten Sinne „staubtrockenem“ Ostwind wird die Haut fühlbar trockener und da kann´s schon mal passieren, dass unsere feuchtigkeitsverwöhnten Nasenflügel „trockenstehen“. Wie fein – in der Nacht steigt unsere Anzeige im Saloon wieder auf 60 bis 70 % – das Teak von VITAMINE freut sich über ein wenig morgendlichen Tau, der sich überraschend lange hält, denn vormittags ist es leicht bewölkt, nachmittags wird´s richtig heiß – über 30 Grad im Salon, im Freien in der Sonne bestimmt über 40.
Ab 17 Uhr lässt die Hitze des Nachmittags wieder langsam nach.
Hier im Saloum-River in Mittel-Senegal, gegenüber der Hakuna-Lodge, ist es soweit:
Unser Kanu kommt wieder mal an´s Tageslicht! Seit den italienischen Tremiti-Inseln führte es ein Schatten-Dasein – tief vergraben in der Bugkabine.
Eine Mangrovenerkundung auf dem Süß-Salzwasser-Gemisches des Saloum-Rivers g ist ein gebührender Einstand! Aus dem grünen Dickicht dringen verschiedenste Laute und verschiedenste Knacksereien. Wie spannend!
Viele der Wurzeln, die während der Ebbe trockenstehen und während der Flut unter Wasser sind, sind mit Muscheln oder Schnecken oder ähnlichem dicht bewachsen.
Nach dem Anker hoch vor Saly bei Sonnenaufgang sind wir mit Genua und Groß im Slalom durch die Unmengen an Fischerbojen. Wir kennen sie ja schon von vor Dakar und auch auf dem Weg bis Saly haben sie „erhöhte Aufmerksamkeit“ gefordert.
Die ersten 16 km von Saly in den Süden sind am Fischerbojen-kritischsten. Manche sind extrem schwer zu sehen (nur eine kurze, dünne Stange, die ca. einen Meter den Wellenbewegungen entsprechend mehr oder weniger nach oben ragt (mit oder auch ohne Tuchfetzen), Plastikflaschen durchsichtig oder bunt, die im Wasser schwimmen oder gar nur ein Styroporvierecke in schwarz, grau oder creme …. Puh!
Der Wind hat uns schneller getragen, keine Fischerboje hat uns aufgehalten – wir sind schneller als gedacht: Wir düsen mit durchschnittlichen 6 (!) Knoten die Westküste von Afrika in den Süden!
Die Einfahrt in den Saloum-River ist gespickt mit Untiefen. Der Plan ist, sie bei Tiden-Maximum zu befahren. Wir sind deutlich davor an der Stelle – aber bereits bei steigendem Wasserstand. Was tun?
Nichts wie durch! Aber nicht durch die nördlicher gelegenen eventuellen Möglichkeiten, bei denen die geringste Wassertiefe mit 2,5 Metern angegeben ist (wer weiß – auch bei der App boating könnte sich ja mal ein Fehlerteufelchen austoben – weltweit – und in Senegal haben wir noch keine Erfahrungswerte bezüglich Genauigkeit) und nicht unter Segel sondern unter Motor durch die Einfahrtsschneise, deren geringste Wassertiefe mit 4 Metern angegeben ist. Und – wie grandios: Die Tiefenangaben stimmen! Auch hier!
Wir flutschen problemlos durch und setzen nochmal die Genua!
Djifer, unsere 1. Stadt am Saloum-River breitet sich backbord aus, ebenso wie der riesige Pirogen-Parkplatz mit unzähligen bunten Einbäumen und der 2-Master, der vor Dakar neben uns gelegen ist, schaukelt auch hier gemütlich vor Anker.
Mit der Flußbiegung bläst uns der Wind genau auf die Nase, so rollen wir die Segel ein und motoren die letzten Kilometer bis zur Hakuna Lodge und gehen vor Anker. Das können wir ja schon gut. Das haben wir ja schon oft gemacht.
Hm….. Wir haben 16 Knoten Wind vor Anker. Ist ja kein Problem. Aber warum bläst er in´s Cockpit und warum dreht sich Vitamine vor Anker nicht mit dem Wind, so dass der Wind IMMER von vorne kommt, wie sie das doch sonst IMMER tut?
Die Kette spannt nach hinten und kratzt an Vitamine´s Bauch. Ob das das neue Coppercoat für gut befindet? Wir glauben mal nicht. Nach einer Beobachtungszeit von ca. einer halben Stunde, in dem die Tiefenangabe immer wieder mal „Alarm“ schreit und 3 Meter meldet – und das bei Hochwasser – gehen wir – sicherheitshalber – auf die andere Flußseite. Und somit zwischen Mangroven. Mangroven pur – ist ja sowieso viel schöner!
Während wir Mangroven genießen, parkt Renate mit SY Cataleya neben uns ein – sie hat´s geschafft!
Als Einhand-Segler ist ja einiges um einiges mühsamer.
Ein Sonnenaufgang in den sattgrünen „Mangroven, deren „Stelzen“ aus dem Wasser ragen, und das auf eigenem Boot, nach einer angenehm-ruhigen Nacht, ein paar Vogelstimmen sind bereits zu hören, ein paar Langbeiner stelzen im Wasser, Krebse werden von der Strömung vorbeigetrieben … herrlich – was könnte schöner sein?
Wenn sich rund um´s Boot Delphine tummeln und ihrem morgendlichen Fischfang nachgehen!
Ich hatte die selbstgemachte, bereits blass gewordene Senegal-Flagge nachgezeichnet und den Stern neu eingezeichnet, höre dabei immer wieder mal große Fische aus dem Wasser springen … und als ich am Mast stehe und sie wieder hochziehe, sehe ich:
von wegen große Fische! Das sind Delphine! Oder (kleine) Wale die mit der Ebbe wieder gen Meer ziehen und ihrem morgendlichen Fischfang nachgehen – im Sonnenaufgang – how magic!
Die Kamerun-Fluß-Delfine – vom Aussterben bedroht – sind nur entlang der westafrikanischen Küste daheim (zwischen Westsahara und Kamerun), mit ihrer charakteristischen langen Schnauze und dem gar nicht so kleinen Buckel gleich hinter der Finne sind sie eindeutig zuordenbar und während des Beobachtens beim morgendlichen Fischfang ist logisch und nachvollziehbar, wie sie zu ihrer Bezeichnung „Buckeldelfin“ gekommen sind.
Das Internet ist zwar grenzwertig für Sepp´s Boat-Office, aber eine Nacht bleiben wir noch hier – für einen Ausflug zu Dritt in die Mangroven! Premiere für Renate; sie paddelt das 1. Mal – und sie macht es gut!
Weiter geht´s!
Hinein in den River – flußwaufwärts!
Dieser kleine Geselle, ein „Yellow penduline tit“
(=Senegalbeutelmeise)
kommt uns besuchen
und begleitet uns ein Stück.
Flußaufwärts bis zur nächsten Biegung, das bedeutet ca. eine Stunde gemütliches motoren, mit der Flut und ohne Gegenwind. Der Mangrovenstreifen an beiden Ufern zieht sich über die gesamte Strecke, hin und wieder reckt ein Affenbrotbaum seine kahlen Äste weit darüber hinaus. MIt der Regenzeit wird er wieder zum Leben erwachen.
Am Fluß sind die Fischerbojen gut sichtbar – wie angenehm! Mehrere von ihnen sind jeweils mit einem Holzbalken verbunden. Und wie praktisch für die Vogelwelt!
An jeder solcher Boje hängt ein runder oder viereckiger Käfig, der regelmässig von seinen Besitzern besucht und geleert wird.
Flötengespiel ist schon lange zu hören, dringt mehr oder weniger deutlich durch das Motorengeräsuch. Ah! Bei Annäherung merken wir: es ist doch der Muezzin, der sehr lange und laut von dem kleinen Ort Djirnda („Dschirnda“) mit den kahlen, grauen Häusern herüberschallt.
Ja – färbig sind hier nur die Boote (die Pirogen), und die (oftmals überraschend schönen) Gewädner der Frauen.