Sepp hat sich bis in die frühen Morgenstunden noch herumgetrieben und z.B. mir ein neues Handy aufbereitet. Bei meinem „alten“ war die erste Tastenreihe plötzlich nicht mehr benutzbar. Glücklicherweise hat Sepp an Ersatzhandys gedacht!
Heute machen wir mal ganz auf „Sonntag“!
Wir bleiben untypisch lange in der Koje, bis ca. 9 Uhr, so perfekt ist das sanfte Schaukeln in der Bucht Kalamatsi auch heute früh noch!
Die griechische Oktobersonne gibt ihr bestes. Wir bauen das Sonnensegel auf, das sich, über den Baum gelegt, zeltförmig über unser Cockpit spannt. Der dünne, durchsichtige Stoff nimmt den Sonnenstrahlen die Intensität. Gut für die Haut, unser Temperaturempfinden und auch für die Augen. Und trotzdem sehen wir, was rundum passiert – wie angenehm!
Das Hochklappen der Windschutzscheibe von Vitamine“ bewirkt einen angenehm-leichten Durchzug. Und bei Bedarf ist eine Abkühlung in der großen Badewanne ringsum jederzeit möglich. Na das ist ein Leben!
Mit Schnorchel + Flossen mach ich mich auf Richtung Nordende unseres Bucht-Abschnitts. Der sandige Untergrund, sporadisch durchsetzt mit Seegras-büscheln, wird abgelöst von Steinen und Seetang-Wiesen. Und Jö! VBF! (Ein klassischer Eintrag im Taucher-Logbuch lautet: VBF und VBK, hier haben wir zumindest das Erstere: Viele bunte Fische!) Plötzlich bin ich im Halbkreis von Hunderten von kleinen (ca. 5 cm), stromlinienförmigen, braunen Fischen mit grauem Bauch umgeben! Ganz in meiner Nähe! Mehr Entfernung halten die silbergrauen, größeren (ca. 15 cm) Vertreter in klassischer Fisch-Form ein. Beim Weiterschnorcheln lassen sich auch noch „Drachenfische“ (sie haben einen gezackten Rückenkamm in dunkelorange), Fische mit blitzblauen Seitenflossen und generell in Blau schillernd sehen, auch die Vorhut, die neugierigen Ersten, gibt es in verschiedensten Brauntönen bis hin zu rot.
Sogar eine Schildkröte ist zu sehen! Panzer, Kopf, die 4 Füsse – nur beim Schwanz hat sich Steinkünstler Natur nicht an die realen Vorgaben gehalten – er schaut etwas klobig aus.
Beim Zurückschnorcheln streife ich eine „Bucht in der Bucht“. Hin und wieder streicht Seetang am Körper vorbei. Einer davon ist hartnäckig und verfängt sich um den Schnorchel. Ups! Es ist kein Seetang, es ist eine Nylonschnur, wohl von einem „Geisternetz“, das ich jetzt an mehreren Stellen am Körper spüre. Das Entfernen, auch um den Schnorchel klappt tadellos. Der Versuch – interessehalber – es zu zerreissen, gelingt nicht. Ich lasse die paar Fäden hinter mir, schnorchle weiter und denke an die armen Fische, und sonstiges Getier, das sich in einem Netz verfängt, ohne Chance sich daraus zu befreien, ohne Chance zu flüchten – gefangen eben.
Jetzt mit wachsamem Blick auch auf die Wasseroberfläche, um weitere solcher „Fäden mit Verstrickungsgefahr“ frühzeitig zu erkennen.
Plötzlich merke ich, dass ich an der Flosse zurückgehalten werde. Ein Strampler und weiter geht´s.
Plötzlich noch einmal ein Ruck und Stillstand. Ich drehe mich um und begutachte meine Flossen. Und – oh Schreck: Um beide Flossen wickeln sich viele Fäden (oder auch ein Faden und dieser oft) dieses unzerreissbaren Nylonzeugs! Prompt gelangt auch noch Wasser in meinen Schnorchel und ich ringe ein paar Atemzüge lang um Luft.
Ich glaube, so unwohl habe ich mich im Wasser noch nie gefühlt. Meine Tauchkollegen als auch so manche Schwimmpartner können bestätigen, dass ich im Wasser sehr angstfrei (um keine anderen Ausdrücke wie „leichtsinnig“ oder „unbesonnen“ zu verwenden *grins*) unterwegs bin.
Wieder mit ausreichend Luft versehen, versuche ich, meine Flossen an den Füssen nylonfrei zu bekommen. Keine Chance.
Ich ziehe zuerst die rechte (weniger betroffene) Flosse vom Fuss ab, habe jetzt einen besseren Blick auf das Desaster und löse Verwicklung um Verwicklung ab. Juhu! Die erste Flosse ist frei! Ich lasse sie sicherheitshalber an meinem Handgelenk und kümmere mich um die zweite Flosse. Juhu! Minuten später ist auch diese wieder befreit und so gut es geht, schleudere ich den jetzt beachtlichen Nylonfadenknäuel weg von mir. Mit beiden Flossen in den Händen bemühe ich mich, Meter zu machen, raus aus der Bucht. Wer weiß, wie viele Fäden hier noch herumschwimmen!
Nein, ich bin in diesem Fall nicht motiviert, zurückzuschwimmen, um „das Meer sauber zu halten“. Aber ja, ich bin der „Gesellschaft zur Rettung der Delphine“, die Rollo Gebhardt in´s Leben gerufen hat, so dankbar wie noch nie für die aufwendige Entfernung von Geisternetzen, von denen sie immer wieder berichten.
Und ein Tauchmesser kommt definitiv auf die Einkaufsliste!
Auf Vitamine ist Sepp gerade dabei, die Hängematte am Vorschiff zu montieren! Was für eine ausnehmend gute Idee! Das hübsche, ein wunderbares Schwing-Gefühl versprechende Teil in hell/dunkelgrün entfaltet sich – was für ein schöner Anblick – wiederum ein zusätzlicher „Hauch von Freiheit + Abenteuer“ als auch von „Ruhe + Gemütlichkeit“:
„Unsere“ Bucht ist offensichtlich ein begehrtes Sonntags-Ausflugsziel. Der Strand bevölkert sich, auch der kleine, abgelegene, schwer erreichbare Teil, vor dem wir ankern.
Und auch bei den Segelbooten gibt es einen regen Abtausch von Neuankömmlingen und wieder Abfahrenden. Wir genießen dieses „Bucht-Kino“ unter unserem Sonnensegel!
Ausserdem gibt es immer was zu tun an Bord:
Heute der Tag gekommen, wo unsere, nach dem ersten Ausprobieren zuhause wieder gut verpackten neuen Solar-Panels, die bis dato sicher in der Bug-Kabine verstaut waren (mangels eines passenden Geräteträgers), die große Welt kennenlernen und die ersten Sonnenstrahlen spüren sollen, um diese – so der Plan und deren Bestimmung – in Energie umzusetzen.
Geplant ist die Montage von 3 Solarpanels mit je 115 Watt, die an einem Victron Solarregler angeschlossen sind, sobald der passende Geräteträger vorhanden ist. Diese sollen die LiFePo Batterien bei Sonne laden.
Für Zeiten mit wenig Sonne aber ausreichend Wind soll der – ebenfalls mangels eines passenden Geräteträgers noch nicht montierte – Windgenerator den Part der Energiegewinnung und Batterieladung übernehmen. Ob wir diesen bei der neuen Photovoltaik- und LiFePo Technologie überhaupt benötigen, wird die Zukunft weisen….
…. die Zukunft wird auch weisen, wohin uns Vitamine noch tragen wird, was wir jetzt, in der Gegenwart, eintragen können, ist die Strecke, die sie uns bis jetzt, in der Vergangenheit, getragen hat:
Den italienischen Stiefel an der Ost-Seite fast ganz hinunter, zur albanischen Küstenlinie hinüber, an dieser entlang bis nach Korfu und bis dato zu den Tiefen der Finger des Peloponnes….. *wow*
Gegen Abend trifft eine Gruppe Jugendlicher in diesem abgelegenen Buchtteil direkt vor uns ein.
Oh Freude – ein hübscher, hellbrauner, langhaariger, schlanker, agiler 4-Beiner ist dabei – hin und wieder ist sein freudiges Gebell zu hören – wie nett!
Später dringt auch Musik herüber (ja, es sind Jugendliche, die sich hier treffen *grins*) und noch später sind Lichter, hübsch im Kreis ausgesteckt, zu erkennen, und in der Mitte Disko-Beleuchtung, abwechselnd in rot, grün, blau, weiß. Wirklich sehr nett von den jungen Leuten, so viel Aufwand zu betreiben, um uns einen stimmungsvollen Abend zu bieten! Danke – es ist gelungen!