„mit Knalleffekt“ von Sizilien nach Sardinien

Adios, Sizilien!
150 Meilen gilt es, zurückzulegen, bevor wir wieder „Land in Sicht“ rufen können und – sofern wir uns nicht vernavigieren – wird es wohl Sardinien sein!

Wir sind auf dem offenen Meer – kein Land weit und breit. In der Ferne nur der Horizont, so wie auch rund um uns. Die ganzen 360 °.
Nur Sonne, Wasser, Vitamine!
Und das für ca. 30 Stunden!

Ein Traum!
Nicht nur, dass „Kein-Land-in-Sicht“ ist, nicht nur, dass die Sonne traumhaft vom Himmel lacht und so manch Wolkengruppierung zum Träumen einlädt – es ist auch ein besonderer, ein gemütlich-stimmiger Segel-Tag, der sich in die Nacht hinein fortsetzt.

Und so ist erstmalig der Gennacker, unser großes Leichtwindsegel,
auch des Nächtens im Einsatz.

Der Wind ist perfekt:
Der Gennacker zieht uns bei nur um die 4,6 Knoten scheinbaren Wind (ideal – um die 150 Grad von hinten) mit stolzen 3,3 Knoten Geschwindigkeit über´s Wasser –
laut Vorhersage die ganze Nacht!

Um ca. 2 Uhr in der Früh wird das ruhige, gemütliche Dahingleiten MIT Gennacker zu einem ruhigen, gemütlichen Dahingleiten OHNE Gennacker!
Davor ist ein kurzes „Peng“ zu hören und ein seltsames Rauschen.
Unser Gennacker absolviert plötzlich einen Fast-ganz-Frei-Flug. Incl. Wasserlandung.
Es hängt von einer Sekunde auf die andere nicht mehr wie ein Halbkreis leicht seitlich vor unserem Bug und zieht uns dahin, sondern das große Tuch schwimmt bzw. taucht nebenher.
UUUUUps !!!??

Der Wind, der Wind….. ist diesmal unschuldig.
Das Gennacker-Fall hatte sich aus der Winch, in der es befestigt war, gelöst und damit hatte das Riesen-Segel die Möglichkeit, sich von der Mastspitze zu entfernen und sich in einem gewissen Radius selbständig zu machen. Und landete prompt im Wasser neben Vitamine. Soweit es die Länge des Falls eben erlaubte.

Unter schönstem Sternenhimmel gelingt die Bergung an Deck schnell, glücklicherweise hatte es sich auch nicht in der Schraube verfangen (Bade-Tauch-Gang in der Nacht steht nicht unbedingt auf einer Nacht-Agenda ganz oben).
Und kurz darauf ist es auch wieder hochgezogen und tut das, was ein Gennacker tun soll:
Es zieht uns wie ein riesiger geblähter halbrunder Ballon in die richtige Richtung – heute genau in den Westen.

Puuuuuh.
Nochmal gut gegangen. Auch sehr fein, dass wir ihn nicht als nassen riesigen Stoff-Fetzen mühsam verstauen und dann mühsam wieder hervorholen müssen, sondern dass wir ihn auf der gennackergerechten Wäscheleine flattern und trocknen lassen können.
Und: keine Folgeschäden! Weder bei Mensch noch bei Mateiral! Gott sei Dank!

Um ca. 4 Uhr morgens kommen Böen, die plötzlich aus dem gemütlichen achterlichen Kurs (um die 150 Grad von hinten) einen Hart-am-Wind-Kurs (um die 60 Grad von schräg vorne) machen. Dafür ist dieses große Leichtwindsegel wirklich nicht gedacht. Der Gennacker zeigt seine Qualitäten bei regelmäßigem, gemütlichem Wind von 90 bis 150 Grad.
Von einer Sekunde auf die andere schlägt der dünne Stoff an den Mast, die Wanten und was sonst noch so am Vordeck eines Segelbootes am Weg herumsteht bzw. in der Luft herumhängt.
Der Wind frischt ebenfalls auf, 15 Knoten, Tendenz stärker werdend.
Schnell den – Gottseidank wieder trockenen – Gennacker verräumen und mit dem halben Gros und der ¾-Genua wird weitergesegelt!

Der fulminante Sonnenaufgang an Vitamine´s Heck entschädigt für sämtliche Mühen der Nacht!

Was für ein Start in den Tag –
in unseren 1. Jahrestag
„mit Vitamine on tour“!

Vor einem Jahr haben wir in Cervignano, im Heimathafen,
die Landleinen gelöst …. 😉


Der Wind beschließt, wieder von hinten, von achterlich, zu kommen, aber kräftiger als in der Nacht – bis zu 25 Knoten.
Wir beschließen, die ganze Genua zu setzen und mit Spi-Schot zu fahren.
Hervorragend!
Die Stunden ziehen dahin, die Meilen im Kielwasser von Vitamine ebenso.

Wir schlafen abwechselnd
und stundenweise.

Wer müde ist oder auch nur entspannen will legt sich im Cockpit oder im Salon nieder.
Der andere hat Wache.

Zeit für
genußreiche Zweisamkeit ….

… den Blick über die unendlichen Weiten schweifen lassen….

…. Wolkenfiguren entdecken,
dazu Geschichten erfinden und Sonnenuntergänge genießen….


… in der Nachtwache schnell mal ein paar Happen essen ….

….. und nach dem Sonnenaufgang ….

…. a bissal Norrnkastll schauen ….

…. und Sport an Bord betreiben….

… und auch in der großen Badewanne rund um uns!

(mit laaaanger Schwimmleine – zum Festhalten und Zurück-zum-Boot-Ziehen – denn ….
auch bei „nur“ 3 Knoten Fahrt könnten wir Vitamine mit schwimm-eigenen Kräften nur mehr aus immer weiterer Ferne zuwinken.

Die See ist recht aufgewühlt – hübsche Schaumkronenwellen rund um uns, Vitamine erklimmt mühelos die Wellenberge und taucht, hübsche Wasserspiele produzierend, tief in die Wellentäler ein:


Immer wieder mal landet ein Meeresgruß an Deck und verhilft so dem Teak zu einer willkommenen Salzwasserspülung.
Bei im Schnitt ca. 20 Knoten pefektem Wind legt Vitamine auf diese Weise viele Höhenmeter zurück – ihre Crew merkt das in jeder Muskelfaser, so als ob jeder Höhenmeter aus eigener Muskelkraft zurückgelegt werden würde!

Auch ohne Segelzerren, Sporteinheiten & Co wäre dieser Tag für den Körperwohl unglaublich ermüdend 
– und auf jeden Fall unglaublich befreiend für den Geist
– und unglaublich wohltuend für die Seele!

Zu allem Gefühls-Überfluß taucht am späten Nachmittag eine Delphinschule auf!
Die freundlichen Gesellen, die wohl bei fast jedem menschlichen Wesen ein Strahlen in die Augen zaubern, nähern sich uns springend und in rasanter Geschwindigkeit:
15 bis 20 an der Zahl, kommen in rasanter Geschwindigkeit von schräg vorne backbord direkt auf uns zu!
Wir sind von Lebendigkeit, Bewegungslust und Lebensfreude umgeben!
Na wenn DAS nicht abfärbt!
Kurz geben sie uns Geleitschutz, zeigen Flanken und Bäuche, bis sie, ebenfalls wieder in rasanter Geschwindigkeit, schräg hinten steuerbord wieder für unsere Augen unsichtbar werden!