„heymliches Gemach“

Seit Wochen gluckert es in unserem „heymlichen Gemach“ etwas seltsam. Seit Wochen haben wir uns nur gedanklich damit beschäftigt und wohl insgeheim gehofft, dass sich das Thema „irgendwie“, „irgendwo“ und „irgendwann“ in Wohlgefallen auflöst.

Mitnichten. Das Gluckern wird lauter, beständiger und dringlicher.

Die Heinzelmännchen bzw. Poseidon´s Meeresnymphen waren also noch nicht auf Besuch.
Unsere Beobachtungen, Überlegungen und Interpretationen der letzten Wochen haben ergeben, dass das Abflußrohr der Bordtoilette verstopft sein muß, so dass sich der Inhalt unserer stylischen Klomuschel nur mehr über den Überlauf des Fäkalientanks entleert.
Heute ist der Tag gekommen, an dem wir tatkräftig an „Projekt Heymliches Gemach“ herangehen wollen.

Kräftiges Pumpen, Bewegen der Rohre & Co In unserem Sanitärbereich ist erfolglos.
Somit sind die Möglichkeiten in Vitamine´s Räumlichkeiten erschöpft.

Ein Zerlegen der WC-Anlage und damit einhergehendes Eröffnen der Rohre ist – nunja – delikat.
Der Inhalt der Rohre und des Fäkalientanks würde sich sodann in unsere Sanitärzelle ergießen, das wären zwar „nur“ 1,3 x 1,3 m2, aber in Folge würde er über den Boden in die Bilge und somit in den generellen Schiffsrumpf gelangen. Wie ungustiös. Als Ultima Ratio – aber auch ganz sicher nur als solche – wäre es möglich. Berufsbedingt wühle ich zwar hin und wieder in Exkrementen – aber in diesem Falle: Nein, Danke.

Das verstopfte Teil befindet sich gut 0,5 Meter unter der Wasseroberfläche an Vitamine´s Bauch, hübsch verpackt in einem Messing-Seeventil, backbord auf Höhe Vordeck.

Anschließend an das Seeventil führt der Fäkalien-Schlauch mit einem Durchmesser um die 60 mm, dessen Wand mit einem Drahtgeflecht verstärkt ist, hinein in unsere Sanitärzelle, zum Fäkalientank. Das Messingventil weist nach gut 10 cm eine Biegung von 90 Grad auf.

Mit einem dünneren und einem dickeren Schlauchstück bewaffnet, stochere ich, zuerst vom Dinghi aus, dann im Wasser schwimmend, in das Messing-Seeventil hinein. Ein bisschen was löst sich, aber insgesamt viiiiiiiel zu wenig. Die Länge, die sich der Schlauch hineinführen lässt, lässt sich ähnlich definieren: Millimeterweise sind Fortschritte zu verzeichnen, aber insgesamt: Viiiiiiiel zu wenig. Diese 90°-Biegung des Seeventils ist noch nicht überwunden.
Na das kann ja noch spannend werden!

Jetzt versucht Sepp mit Manneskraft, -einführungsvermögen und -geschick sein Glück.
Wenn es ihm mit den Schlauchteilen nicht gelingt, haben wir noch die Möglichkeit, dem Malheur mit der Einzugsfeder zu Leibe zu rücken. Schließlich hat der Käpt´n an viiiiiiiele Eventualitäten gedacht und Vitamine mit viiiiiiel Werkzeug bestückt!

Stocher, stocher, bohr – es löst sich immer wieder mal Kleinzeug, aber es scheint, das die Schlauchteile die Biegung des Messingventils nicht überwinden können.

Na dann….. wir haben ja noch mehr zu bieten – unser Werkzeugarsenal ist groß!
Die Einzugsfeder spiralisiert sich vom Vorderdeck senkrecht nach unten, in Sepp´s Hand.
Gute Entscheidung! Es tut sich mehr!

Mittlerweile ist Sepp sicher schon 20 min in dem (gefühlt eis-)kalten Wasser.
Bei unserem täglichen Schwimm machen wir keine ausgedehnten Touren sondern kommen aus Vernunftsgründen nach allerspätestens 5 min wieder heraus, auch wenn es gerade noch so coooool ist, weil wir die Erfahrung gemacht haben, das sich die Aufwärmphase ansonsten schwierig gestaltet.
Und auch wenn die Sonne heute verführerisch vom Himmel lacht – die Wassertemperatur hat sich davon noch nicht beeindrucken lassen und bleibt bei kühlen 15 Grad.
Und auch wenn die Anstrengung des Stocherns und die Anstrengung des Flossen-Schlagens, um die Position zu halten, einem Auskühlen entgegenwirkt – irgendwann ist Schluß mit lustig!

Stocher, stocher, bohr – es tut sich was, ja! Aber nur ein bißchen was.
Jetzt sollte er WIRKLICH abbrechen und herauskommen!
In der Karibikbucht ist es auch 1 Meter oberhalb der Wasseroberfläche wunderschön!
Außedem brauhen wir keinen Riesen-Eiszapfen als Kühlakku – der Kühlschrank funktioniert!

Stocher-stocher-bohr…… einmal noch…. Teile lösen sich, um ein paar cm dringt das Seil der Spirale tiefer ein in das Abflussrohr. ….. stocher-bohr-stocher –
Hurraaaaaaaaaaaaaaa!
Es ist geglückt! Es ist tatsächlich geglückt! Das Rohr ist frei! Der Abfluß funktioniert wieder! Phänomenal! Sepp´s Hartnäckigkeit und Ausdauer ist mit Erfolg gekrönt worden!

Phänomenal auch, wie ausgekühlt und erschöpft Sepp´s Arme sich fühlen müssen – Hände und Unterarme vollführen unkoordinierbare Bewegungen, als Sepp endlich wieder an Deck steht!

Ob ihm je schon eimal soooooo kalt war?

Ach ja –

unser „Wir-sind-dann-mal-Weg“-Tag ist schon unglaubliche 5 Monate her!